Podcasting ist in die Pubertät gekommen
Archivmeldung vom 12.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Podcasting ist den Kinderschuhen entwachsen und in die Pubertät gekommen" - dieses Resümee zieht Harald A. Summa, Geschäftsführer des eco Verbandes der deutschen Internetwirtschaft, aus dem ersten deutschen Podcast-Kongress.
"Die technischen Grundlagen sind geschaffen, jetzt
ist die Branche dabei, sich zu formieren, Sendeformate
auszuprobieren, Geschäftsmodelle auszuloten und ihr Publikum zu
finden", sagt eco-Chef Harald A. Summa.
"Podcasting" hat sich als generischer Begriff durchgesetzt, ist
aber irreführend, stellt eco fest. Das Wort geht auf den MP3-Player
iPod von Apple zurück, obgleich das Thema nicht auf die Apple-Geräte
beschränkt ist. Vielmehr umfasst es jeden MP3- für Audio- und künftig
auch MP4-Player für Videoproduktionen. Die entscheidende Abgrenzung
besteht zum herkömmlichen Broadcasting. Während die traditionellen
Radio- und Fernsehsender ihr Publikum eher berieseln, wählt beim
Podcasting jeder einzelne Zuhörer bzw. Zuschauer gezielt seine
Sendungen aus einem breiten Angebot an Produktionen aus. Der Sender
wird durch den sog. RSS-Feed ersetzt, der den Empfänger über das
Internet automatisch mit aktuellen Inhalten versorgt. Für die
Werbewirtschaft, die eine wichtige wirtschaftliche Grundlage für
traditionelle wie auch für neue Medien darstellt, bedeutet dies die
Umstellung von herkömmlichen Push- zum modernen Pull-Marketing.
Das Marktpotenzial dafür ist nach Darstellung von eco vorhanden.
11 Millionen MP3-Player sind allein in Deutschland in Umlauf, knapp
11 Millionen DSL-Anschlüsse stehen zum Download der Audio- und
Videoproduktionen zur Verfügung. Neben der technischen Infrastruktur
ist die Bereitschaft der Verbraucher entscheidend: Rund 14,4
Millionen Stunden verbringen die Deutschen jeden Tag im Auto oder im
öffentlichen Nahverkehr. In dieser Zeit besteht die Wahl zwischen
nichts tun, lesen (nicht im Auto), telefonieren (begrenzt im
öffentlichen Nahverkehr) oder hören (Radio, MP3; über Kopfhörer immer
möglich). Im Durchschnitt ist jeder Deutsche eine Stunde und 21
Minuten auf dem Weg zum Arbeitsplatz und zurück unterwegs. "Diese
Leerzeiten sind die idealen Träger für Podcasting, weil der
Verbraucher das Podcasting an seine persönliche Zeitplanung anpassen
kann", sagt eco-Geschäftsführer Harald A. Summa. Er verweist auf
Schätzungen, nach denen bis 2010 zwischen 60 und 70 Millionen
Postcast-Hörer weltweit und etwa 3 Millionen in Deutschland
prognostiziert werden. Im letzten Jahr wurden hierzulande rund eine
halbe Million regelmäßige Podcast-Hörer gezählt. Der typische
Podcast-Nutzer ist männlich, knapp 30 Jahre alt, überdurchschnittlich
gebildet, lebt mit 50 Prozent Wahrscheinlichkeit als Single, verdient
überdurchschnittlich gut, hat acht Podcasts abonniert und lauscht
rund dreieinhalb Stunden pro Woche einem Podcast.
Der Podcast-Markt teilt sich in Coporate und Public mit sehr
unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Corporate-Podcasts werden
üblicherweise von Unternehmen im Rahmen ihrer eigenen
Marketingaktivitäten erstellt und finanzieren sich daher überwiegend
aus dem Werbebudget. Schwieriger ist es offenbar beim
Public-Podcasting, bei dem sich die Anbieter in der "Pubertätsphase"
befinden. Ziel ist es vielfach, die Werbebranche davon zu überzeugen,
dass Podcasts mit je nach Thema Reichweiten von bis zu einer halben
Million Downloads ein veritables Werbemedium darstellen. Dabei
kristallisieren sich derzeit Werbepreise zwischen 40 und 42 Dollar
TKP (Tausenderklickpreis) heraus, hat der Podcast-Kongress zutage
gefördert. Ein wesentlicher Schub bei der Vermarktung wird erwartet,
wenn es gelingt, mit der Rechteverwertungsgesellschaft GEMA eine
Vereinbarung über die Musiknutzung in Podcast zu schließen. Dadurch
könnten die Podcastproduktionen mit populären Musikclips aufgewertet
werden, um die Reichweiten zu erhöhen. Bislang wird der Podcast-Markt
vor allem aus der Ausrüstung und Dienstleistungen für die
Produktionsfirmen (Studio-Equipment, Hosting etc.) und Endgeräten
(MP3-Playern) zusammengesetzt und erreicht je nach Definition ein
Volumen zwischen 140 Mio und 11 Mrd Dollar. Dabei sind allerdings
Gerätschaften und Dienste mitgezählt, die primär zur Medienproduktion
und zum Musikhören dienen und lediglich potenziell auch für
Podcasting nutzbar sind.
"In der momentanen Orientierungsphase muss der Podcasting-Markt
vor allem belastbare Geschäftsmodelle entwickeln und dann beim
Verbraucher die Einstiegshürde so weit senken, dass es zu einem
ersten Mal kommt. Das positive Ersterlebnis in der Pubertät stellt
die entscheidende Voraussetzung dafür dar, dass der Podcasting-Markt
im Laufe der nächsten Jahre erwachsen und damit zu einem
Massenphänomen wird", sagt Verbands-Geschäftsführer Harald A. Summa.
Podcasting ist nach Analyse von eco ein Bestandteil der Evolution des
Internet zum Web 2.0, also dem Netzwerk der persönlichen Kontakte
(Social Web), zu dem beispielsweise auch Blogging zählt.
eco (www.eco.de) ist seit zehn Jahren der Verband der
Internetwirtschaft in Deutschland. Die 300 Mitgliedsunternehmen
beschäftigten über 200.000 Mitarbeiter und erwirtschaften einen
Umsatz von 40 Mrd. Euro jährlich. Im eco-Verband sind die rund 110
Backbones des deutschen Internet vertreten. Verbandsziel ist es, die
kommerzielle Nutzung des Internet voran zutreiben, um die Position
Deutschlands in der Internet-Ökonomie und damit den
Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Der eco-Verband versteht
sich seit zehn Jahren als Interessenvertretung der deutschen
Internetwirtschaft gegenüber der Politik, in Gesetzgebungsverfahren
und in internationalen Gremien.
Quelle: Pressemitteilung eco Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.