Computerspiele mit Anspruch
Archivmeldung vom 24.05.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Oliver RandakEinsatz in Krisengebieten, politische Konflikte, Krebs-Shooter: Immer mehr Games setzen auf anspruchsvolle Storys.
Ob Autorennen mit „Burnout Paradise“, Jump´n´Run mit „Super Mario“ oder
Action bei „Grand Theft Auto“: Es sind nicht unbedingt tiefgreifende
Storys, die hinter den meisten populären Games stecken. Zwar bemühen
sich Spielentwickler zunehmend, eine spannende Geschichte zu erzählen,
doch die soll nicht unbedingt zum Nachdenken anregen. Vor allem nicht,
wenn die Aufgabe lautet: Rette die Prinzessin oder gleich die ganze
Welt vor dem Bösewicht.
Doch zunehmend finden auch immer mehr anspruchsvolle Games mit
gesellschaftskritischen, weiterbildenden und politischen Themen ihren
Weg in Spielkonsolen und Computer.
Menschen mit Lebensmitteln versorgen
„Serious
Games“ nennt sich das neue Genre, das eigentlich eher ein Oberbegriff
für unterschiedliche Arten von Spielen ist: Games, die ein ernsthaftes
Anliegen haben oder dem User mehr bieten wollen als reinen Spaß. Einen
Markt dafür scheint es zu geben. Die Marktforscher von Nielsen haben
herausgefunden, dass 37 Prozent der Computerspieler glauben, Games
könnten ihnen mehr beibringen als andere Medien.
Zu den „Serious Games“ gehören zum Beispiel Spiele mit politischem Anspruch wie „Food Force“ und Global Conflicts: Palestine“.
Bei „Food Force“, das kostenlos auf der Homepage der Vereinten Nationen
heruntergeladen werden kann, muss der Spieler hungernde Menschen mit
Lebensmitteln versorgen.
„Global Conflicts“ schickt den User
mitten in den Nahostkonflikt: Als neutraler Reporter berichtet er über
die Auseinandersetzungen. Politisch geht es auch bei „Genius – im
Zentrum der Macht“ zu. Das Game will dem Spieler beibringen, wie man
als Bürgermeister einer Kleinstadt seine Wahlversprechen einlöst.
Speziell
an krebskranke Kinder richtet sich „Remission“. Im Stil eines
Ego-Shooters zielen die Patienten in dem Game auf Krebszellen und
sollen so lernen, ihre Krankheit zu verstehen. Ernsthafte Games können
den Spieler auch bei Denksportaufgaben fordern: „Dr. Kawashimas
Gehirn-Jogging“ ist das bekannteste Game dieser Richtung. Dabei muss
man sich zum Beispiel Zahlenkombinationen merken oder Wortpaare bilden.
Der Game-Hersteller ist auch mit Augen- und Mathematiktrainern für die
tragbare Spielkonsole Nintendo DS erfolgreich.
Nintendo will nicht in die „Serious Games“-Ecke
Doch
Nintendo sieht sich selbst nicht im Umfeld der ernsthaften Spiele. „Wir
machen keine klassischen Serious Games – wir machen Casual Games mit
Anspruch“, meint Lea Treese, Leiterin der strategischen Entwicklung bei
Nintendo Deutschland: „Ernsthafte Spiele brauchen trotzdem einen
Fun-Faktor.“
Nicht alle sind allerdings von der Idee der anspruchsvollen Spiele überzeugt. „Es gibt gar keine Serious Games“, meint der Professor für technologiegestütztes Lernen und Multimedia, Michael Wagner, von der österreichischen Donau-Universität Krems. „Spiele können niemals ernsthaft sein. Außerdem fördern Games immer bestimmte Kompetenzen. Man braucht also diesen Begriff nicht.“ Mit einem „gewissen didaktischen Oberbau“ könne man jedes Spiel zu einem ernsthaften machen – und dann sogar „´Counterstrike´ im „Schulunterricht einsetzen“.