Booster für Supercomputer der nächsten Generation
Archivmeldung vom 15.11.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSuperrechner sind heute ein unersetzbares Hilfsmittel in fast allen Forschungsgebieten. Doch die bisherigen Konzepte lassen sich nicht unbegrenzt ausreizen, ohne dass Aufwand und Kosten unverhältnismäßig steigen. In dem EU-Projekt DEEP (Dynamical ExaScale Entry Platform) soll deshalb eine neue Plattform für Superrechner der nächsten Generation entstehen, mit Anwendungen unter anderem für die Hirnforschung, Klimawissenschaften und Erdbebenforschung. Das Projekt startet im Dezember dieses Jahres und wird am 17. November 2011 auf der wichtigsten Supercomputing-Konferenz weltweit, der SC’11 in Seattle, vorgestellt.
Wissenschaftler benötigen schon heute gigantische Rechenkapazitäten, um biologische Organe zu modellieren und immer vielschichtigere Modelle des Klimas, des Universums oder komplexer Bausteine der Materie zu entwickeln. Damit Europas Forschung auch in Zukunft auf die notwendigen Ressourcen im High Performance Computing (HPC) zugreifen kann, peilt das Forschungszentrum Jülich zusammen mit den Firmen Intel, ParTec und 12 weiteren europäischen Partnern aus 8 Ländern mit DEEP bis zum Jahr 2020 den Eintritt in die Exaflop/s-Ära an. Mit einer Trillion Rechenoperationen pro Sekunde wäre ein solcher Exaflop/s-Computer rund tausendmal schneller als heutige Superrechner. Schon 2014/2015 erwarten die Wissenschaftler einen ersten Vorläufer mit der Leistung von 100 Petaflop/s, rund hundertmal schneller als heutige Petaflop/s-Rechner wie etwa Jülichs Petaflop/s-Rechner JUGENE.
Mit der Exaflop/s-Klasse können Wissenschaftler Herausforderungen angehen, die heute noch utopisch wirken, wie die detaillierte Simulation des menschlichen Gehirns. Solche Leistungssteigerungen lassen sich allerdings nur durch paralleles Rechnen mit Millionen von Prozessoren erzielen. Mit heutiger Technik stiegen die Energiekosten dadurch ins Unbezahlbare. Um einen wirtschaftlichen Exascale-Rechner zu ermöglichen, werden die Forscher in dem mit acht Millionen Euro von der Europäischen Kommission geförderten DEEP-Projekt die Vernetzung verschiedener Hardware-Komponenten optimieren und neue energiesparende Kühlsysteme integrieren.
Jülicher Wissenschaftler haben für DEEP eine neuartige „Cluster Booster Architektur“ konzipiert. Ein wichtiges Element darin sind noch in der Entwicklung befindliche, speziell für das Parallelrechnen ausgelegte Prozessoren, die Intel® Many Integrated Core Architecture, mit 50 und mehr Rechenkernen auf einem Chip. Je 512 solcher MIC-Prozessoren werden durch ein von der Universität Heidelberg entwickeltes Hochgeschwindigkeitsnetzwerk, genannt Extoll, vielfach untereinander zu einem Booster vernetzt, der das Gesamtsystem beschleunigt. „Die enge Kooperation mit Intel hilft uns, die Entwicklung von Exascale-fähigen Cluster-Architekturen zu beschleunigen, und die Herausforderung anzugehen, Hardware und Software für Systeme dieser Leistungsklasse zu bauen, zu programmieren und zu betreiben“, erläutert Prof. Thomas Lippert, Leiter des Jülich Supercomputing Centre.
Der neue Ansatz berücksichtigt, dass großangelegte zukünftige Simulationen aus mehreren, verschiedenartigen Aufgabenteilen bestehen werden mit komplizierten Kommunikationsmustern zwischen den Prozessoren. Die Idee: Die komplexen Bestandteile eines Programms werden auf dem „Herzstück“ des Parallelrechners, einem Cluster mit Intel Xeon Server-Prozessoren ausgeführt. Einfache, hochparallele Programmteile, die nicht auf solche CPUs angewiesen sind, werden dagegen an die Booster-Module abgegeben, die mit ihrer großen Anzahl an einfacher strukturierten Rechenkernen derartige Aufgaben deutlich energieeffizienter berechnen können.
„Die enge Zusammenarbeit zwischen Intel, Europas größtem wissenschaftlichen Rechenzentrum in Jülich und ParTec, dem führenden Anbieter für Cluster Software, bietet eine einzigartige Möglichkeit, die Evolution von Plattformen für Cluster-Systeme im High Performance Computing voranzubringen. Die Arbeit an der neuen DEEP-Architektur wird ein Schlüssel sein für das Verständnis und die Entwicklung zukünftiger Exascale-Systeme, Middleware und Anwendungen“, erklärt Stephen Pawlowski, Intel Senior Fellow and General Manager, Datacenter and Connected Systems Pathfinding.
Hugo R. Falter, Chief Operating Officer von ParTec, berichtet: „Ich freue mich, mit dem Cluster Operating System ParaStation einen Beitrag zum erfolgreichen Gelingen dieses visionären Projekts leisten zu können.“ Aufbauend auf einer erweiterten Version dieses Cluster-Betriebssystems wird mit DEEP eine komplette Software-Umgebung für die neue Hardware-Architektur geschaffen. Neben Werkzeugen für Anwendungsentwickler wird im Rahmen des Projekts auch Anwendungssoftware für die Hirnforschung, Klimawissenschaften, Erdbebenforschung, Hochtemperatursupraleitung und das Computational Fluid Engineering auf die Plattform übertragen.
Das Forschungszentrum Jülich, Intel und ParTec arbeiten seit 2010 in einer engen Kooperation, dem ExaCluster Laboratory in Jülich, an der Entwicklung neuartiger Systemarchitekturen und Softwarewerkzeuge für Cluster-Rechner. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Skalierbarkeit von Systemen und Software bis hin zur Exascale-Klasse, und der Sicherstellung der Zuverlässigkeit dieser Systeme. Das DEEP Projekt wurde federführend vom ExaCluster Laboratory initiiert.
Quelle: Forschungszentrum Jülich (idw)