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"Deutsche Netze sind extrem angreifbar" - Wolff warnt vor Hacker-Angriffen und verseuchter Spähsoftware

Archivmeldung vom 16.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Klicker  / pixelio.de
Bild: Klicker / pixelio.de

Der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff hält die deutschen Computernetze "für extrem angreifbar". Wolff, der Mitglied des Parlamentgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste ist, sagte den Stuttgarter Nachrichten (Dienstag): "Wir sind in Deutschland derart hoch vernetzt, dass die Angreifbarkeit im IT-Bereich extrem stark ist: Das kann durch externe Hacker-Angriffe wie jetzt im Israel oder externe Massen-Spam sein, aber auch durch den unkontrollierten Einkauf von Soft- oder Hardware, wenn beispielsweise versteckte Trojaner mitgeliefert und aktiviert werden. Solche Gefahren existieren, und wir sollten sie ernst nehmen." Wolff ist der erste Koalitionspolitiker, der diese Sicherheitslücken einräumt.

Am Montagmorgen hatten anti-israelische Hacker erneut wichtige israelische Webseiten lahmgelegt. Vize-Außenminister Danny Ajalon droht mit einem Gegenschlag. Die Attacken gelten als weitere Verschärfung eines Kriegs im Internet (Cyberwar), der eine mutmaßlich saudische Hackergruppe in diesem Monat begonnen hatte.

Hartfrid Wolff appelliert daran, die in Deutschland verfassungsrechtlich vorgeschriebene Trennung von innerer und äußerer Sicherheit zu überdenken. Mit Blick auf die Nato, die sich verstärkt mit Cyber-Kriegen und Cyber-Verbrechen auseinandersetzen will, sagte er: "Wir haben mittlerweile im IT- Bereich eine asymmetrische Bedrohunglage, in der die Trennung zwischen staatlicher und terroristischer oder krimineller Bedrohungen technisch nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir derart asymmetrischen Bedrohungen gerecht begegnen können, ohne dass die verfassungsrechtlichen Grundpfeiler verschoben werden und alle Schleusen geöffnet werden: Die Herausforderungen der Gegenwart sind nicht im alten Zuständigkeitsdenken zu lösen. Zum Schutz unserer kritischen Infrastrukturen brauchen wir moderne, rechtsstaatliche Herangehensweisen in effektiven Sicherheitsstrukturen."

Mit Blick auf so genannte Trojaner - also Spähsoftware, die deutsche Sicherheitsbehörden auf dem freien Markt kaufen und bei der Online-Überwachung von Verdächtigen einsetzen - stellt Wolff die IT-Kompetenz der Landeskriminalämter und Länderpolizeien in Frage. "Können die Behörden feststellen, dass die gelieferte Software nicht über die Hintertür Trojaner in die eigenen Computer pflanzt, die wiederum zur Gefahr für die Sicherheitsbehörden werden können?" Der FDP-Politiker dringt darauf, dass die Behörden Spähsoftware selbst entwickeln, statt sich wie bisher die Computerprogramme vom freien Markt einzukaufen. Dafür sollten dringend qualifizierte Ingenieure und IT-Fachleute eingestellt werden.

Auch aus juristischer Sicht brauchten die Behörden mehr und gut ausgebildetes Personal, um die Software daraufhin zu prüfen, dass sie tatsächlich "nur das kann, was es können soll". Die Fahnder müssten in der Lage sein, in jedem Einzelfall die juristisch richtige Spähsoftware anzuwenden. Zuletzt hatte ein so genannter Staatstrojaner deutlich mehr auf dem Computer eines Tatverdächtigen ausgespäht, als es die anordnenden Richter gebilligt hatten. Darum weist Wolff auf einen weiteren Aspekt hin: "Wenn wir auf einem bespähten Computer Trojaner einbauen, öffnen wir die Tür auch für alle anderen. Dass kann und darf so nicht sein. Ich muss wissen und nachweisen können, dass meine Software garantiert rechtstaatlichen Grundätzen entspricht. Kann ich das nicht garantieren, muss ich's sein lassen."

Quelle: Stuttgarter Nachrichten (ots)

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