Computerspiel steuert echte Mikroorganismen
Archivmeldung vom 12.04.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Entwicklung von Computer- und Videospielen schreitet rasant voran. Während sich die Branchenfirmen zumeist vor allem um eine möglichst realitätsnahe grafische Darstellung der Spielumgebung oder um innovative alternative Steuerungskonzepte bemühen, haben einige Forscher auch abseits breitgetretener Pfade interessante Ansätze zu bieten. Bestes Beispiel hierfür ist ein aktuelles Projekt an der Stanford University, das sich eine völlig neuartige Vermischung von virtueller und natürlicher Welt zum Ziel gesetzt hat. Herausgekommen ist ein "Pac-Man"-artiges Arcade-Game, bei dem der User mithilfe eines schwachen elektrischen Feldes echte Mikroorganismen steuern kann.
"In der Biologie gibt es eigentlich nichts Spielerisches", zitiert das US-Portal LiveScience Ingmar Riedel-Kruse, Bioingenieur an der Stanford University, anlässlich einer ersten Präsentation seines "Biotic Arcade Games" vor Forschungskollegen am swissnex Research Center http://swissnexsanfrancisco.org in San Francisco. Die Vermischung von virtuellem Spiel und natürlichen Spielfiguren sei aber nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht spannend, sondern auch aus pädagogischer. "Biotische Computerspiele können wissenschaftliche Probleme lösen. Hier wird die natürliche Neigung der Gamer ausgenutzt, Spiele zu hacken, um ihre Regeln herauszufinden. Außerdem können Schülern dadurch biologische Prinzipien besser vermittelt werden", so Riedel-Kruse.
Einzellige Pantoffeltierchen
Um das Potenzial der Verbindung von Natur und digitaler Welt zu veranschaulichen, hat der Stanford-Forscher gemeinsam mit seinem Team ein bislang vollkommen neuartiges Spielkonzept entworfen, das mit echten natürlichen Mikroorganismen funktioniert. Als Vorbild diente der beliebte Games-Klassiker "Pac-Man" aus dem Jahr 1980. Auch beim Biotic Arcade Game muss die Spielfigur gekonnt über den Bildschirm gesteuert werden, um verteilte "Coins" einzusammeln und Punkte anzuhäufen. Im Unterschied zur herkömmlichen Variante nutzen Spieler im aktuellen Fall allerdings ein schwaches elektronisches Feld, um mikroskopisch kleine einzellige Pantoffeltierchen zu kontrollieren.
Trendthema "Serious Games"
Dass Computerspiele durchaus auch einen echten wissenschaftlichen Nutzen haben können, haben bereits mehrere interessante Forschungsprojekte der vergangenen Jahre bewiesen. Eines der bekanntesten Beispiele für diese Art von "Serious Games" ist das Online-Game "Foldit", mit dem es der US-Biochemiker David Baker der University of Washington sogar bis in die renommierte Zeitschrift "Science" geschafft hat. Hierbei falten Menschen um die Wette Proteine. Indem sie deren optimale dreidimensionale Form suchen, leisten sie gleichzeitig der Wissenschaft einen Vorwärtsschub.
Im Gegensatz zu Foldit, das tatsächlich bereits erste nachweisliche Erfolge für die medizinische Forschung eingebracht hat, befinden sich die biotischen Spiele noch in einem frühen Experimentierstadium. "Das jetzige System erfordert noch viel Arbeit im Labor", merkt Stanford-Forscher Riedel-Kruse an. So sei es etwa noch recht aufwendig, die eingesetzten Einzeller während des Spielverlaufs am Leben zu halten. "Wir hoffen aber, auch eine Stand-alone-Version des Spiels entwickeln zu können, in der sich echte lebende Kreaturen bewegen."
Quelle: www.pressetext.com/Markus Steiner