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Wirtschaftsjurist übt vernichtende Kritik am eCall-System

Archivmeldung vom 05.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: M.E. / pixelio.de
Bild: M.E. / pixelio.de

Der Wirtschaftsrechtler Volker Lüdemann wirft dem europäischen Gesetzgeber vor, den gesetzlichen Notruf eCall zu missbrauchen, um ein trojanisches Pferd in Neufahrzeuge zu schleusen. "Das gesetzliche Nothilfesystem droht ein Dreh- und Angelpunkt für automobile Datensammler zu werden", warnte Lüdemann in einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" nach der Auswertung des Verordnungsentwurfs, dem EU-Parlament und -Rat bereits zugestimmt haben.

Vom nächsten Jahr an soll das System für Neufahrzeuge verbindlich werden. Das Papier eröffne den Autoherstellern die Möglichkeit, neben dem gesetzlichen eCall auch ihr eigenes Notruf-System sowie weitere Zusatzdienste einzubauen. Da die vorgesehenen Datenschutzbestimmungen aber nur für das gesetzliche System gelten würden, könnten letztere permanent und unbeschränkt Daten über das Netz vermitteln. "Die EU nimmt bewusst in Kauf, dass der eCall unter dem Deckmantel der Lebensrettung zum Türöffner für weitreichende Datennutzungen wird", kritisierte Lüdemann, der Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Osnabrück ist. Zudem sei in dem Entwurf ausdrücklich festgeschrieben, "dass die Einführung des eCalls die europäische Informationstechnologie auf den Weltmärkten stärken soll". Dadurch werde Notfallrettung mit Industrieförderung verbunden. "Auch gesetzgebungspolitisch betrachtet ist das in hohem Maße kritikwürdig", betonte Lüdemann.

Für die Hersteller und die mit ihm zusammenarbeitenden Unternehmen sei das dagegen wie Weihnachten, meinte der Experte, der selbst lange Jahre in der Automobilbranche tätig war. Sie könnten so in Zukunft nicht nur über die Unfalldaten aus dem Notruf-System, sondern auch unkontrolliert über die Daten aus den etwa 80 Sensorsystemen für die Bordelektronik vom Gurtstraffer bis zur Sitzheizung verfügen. "Und die sind richtig Geld wert", sagte Lüdemann. Marktbeobachter schätzen, dass das Geschäft mit dem vernetzten Auto bereits im Jahr 2020 den Unternehmen weltweit ein zusätzliches jährliches Umsatzvolumen von rund 100 Milliarden Euro bescheren könnte.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)

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