BVDW sieht massive Gefährdung des Internets durch neuen EU-Gesetzesentwurf
Archivmeldung vom 28.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. sieht die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Internetwirtschaft durch den Reformvorschlag zum EU-"Telekom-Paket" als massiv gefährdet an.
Der Branchenverband kritisiert den derzeitigen Stand beim Textentwurf zur Neufassung des Artikels 5 der Richtlinie zu Privatsphäre und Elektronischer Kommunikation (ePrivacy Richtlinie) und fordert zwingende Nachbesserung. Die geplanten Eingriffe in gelernte Nutzer/Interface-Prozesse führen nach Auffassung des BVDW in sämtlichen Bereichen des Internets zu massiven Beschränkungen von Nutzungsszenarien sowie Geschäftsmodellen. Der BVDW sieht vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Internetwirtschaft in Gefahr.
Der von der tschechischen Ratspräsidentschaft im Rahmen der Reform des "Telekom-Pakets" (Directive 2002/22/EC, 2002/58/EC und Regulation (EC) 2006/2004) am vergangenen Freitag vorgelegte Textentwurf zur Neufassung des Artikels 5 der EU-Richtlinie zu Privatsphäre und Elektronischer Kommunikation (ePrivacy Richtlinie) erfordert nach Auffassung des BVDW zwingende Korrekturen.
Der tschechische Vorschlag würde in der dem BVDW vorliegenden Form entweder eine aktive, vorherige Zustimmung des Nutzers zur Verwendung von Cookies durch einen Diensteanbieter oder aber jeweils gesonderte Pop-up-Fenster erforderlich machen, über die bei jedem Aufruf einer neuen Website durch den Nutzer dessen Zustimmung zum Einsatz von Steuerungs-Cookies einzuholen wäre, wie sie auf allen modernen Internetseiten, vor allem mit der modernen Web 2.0-Technologien, gang und gäbe und allseits akzeptiert sind. Dies führt nach Auffassung des BVDW in sämtlichen Bereichen des Internets zu massiven Beschränkungen von Nutzungsszenarien, aber auch Geschäftsmodellen, angefangen bei der Funktionalität und der Darstellbarkeit von journalistischen Inhalten über den Online-Handel, bis hin zur Online-Werbung als maßgebliche Finanzierungsquelle sowie etablierter Internetfunktionalitäten. Vor allem Deutschland, als eine der führenden Nationen in diesem Bereich, die hier eine eigene Wirtschaft mit Spitzenposition aufgebaut hat, wäre massiv betroffen, so der Branchenverband.
Nach geltendem Recht ist es bisher üblich, dass Diensteanbieter die Nutzer - etwa über entsprechende Datenschutzbestimmungen ("Privacy Policy") - transparent über Zweck und Einsatz von Cookies informieren und der Nutzer zudem über die selbstgewählten Einstellung seines Browsers entsprechende Einstellungen vornehmen kann. Dies sollte nach BVDW-Meinung unbedingt beibehalten werden.
"Die vorgelegte Textfassung, die entgegen der Aussage der tschechischen Ratspräsidentschaft nicht konsensual zustande gekommen ist und gegen die sich breiter und vehementer Widerstand aus den Reihen der Wirtschaft regt, bedarf einer zwingenden Korrektur", meint Matthias Ehrlich, Vizepräsident des BVDW. "Weder das EU-Parlament noch nationale Regierungen haben im Vorfeld Erhebungen über die möglichen rechtlichen und ökonomischen Auswirkungen dieser neuen Regelungen für die Verwendung von Cookies durchgeführt. Fest steht jedoch, dass - wird der Einsatz von Cookies von einer 'aktiven, vorherigen' Zustimmung des Nutzers vor Aufruf des Telemediendienstes abhängig gemacht - dies faktisch das Ende des Einsatzes von Cookies als das absolut notwendige und anerkannt zentrale Nutzungssteuerungselement bedeuten würde."
Der BVDW fordert daher, dass der allgemein akzeptierte und verantwortungsvolle Umgang mit der Cookie-Technologie im europäischen Binnenmarkt weiterhin sichergestellt werden muss. "Die Verbraucher haben damit ein höheres Maß an Transparenz und Sicherheit. Zudem würde eine eklatante Wettbewerbsverzerrung gegenüber außereuropäischen Anbietern zu Lasten der europäischen Unternehmen verhindert", so Matthias Ehrlich.
Die Forderung des BVDW steht auch im Einklang mit der aktuellen Begründung zu Artikel 5 (3) neue Fassung, die vorsieht, dass "... eine Zustimmung des Nutzers i.S.d. Artikel 5 auch über die entsprechenden Browsereinstellungen ..." rechtlich zulässig sein soll. Eine entsprechende Klarstellung innerhalb der Textfassung des entsprechenden Artikels ist nach Ansicht des BVDW daher unbedingt erforderlich, um den Erhalt grundlegender und wirtschaftlich extrem bedeutsamer Funktionalitäten des Internets zu gewährleisten.
"Wir stellen damit sicher, dass etablierte Dienste und Internet-Funktionalitäten aus dem EU-Binnenmarkt weiterhin rechtlich zulässig angeboten werden können", führt Matthias Ehrlich aus. "Eine sonst drohende Verlagerung der Nutzeraktivitäten ins Nicht-EU-Ausland kann nicht gewollt sein. Dem Nutzer muss weiterhin die vollständige Kontrolle über Erhebung, Speicherung und Nutzung seiner eigenen Daten ermöglicht werden."
Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.