35 Megabit pro Sekunde: Mobilfunk-Wahn in Sotschi
Archivmeldung vom 18.02.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittRussland hat auch in puncto mobiles Breitband in Sotschi nichts dem Zufall überlassen: 500 Mio. Dollar (rund 365 Mio. Euro) haben die staatliche Rostelecom und der Anbieter MegaFon des Oligarchen Alisher Usmanov für die Winter-Olympiade ausgegeben. Mit dem Geld wurde eine Armee von Antennen errichtet, die eine perfekte Netzabdeckung mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 35 Megabit pro Sekunde bietet. Zweifelhaft ist, ob sich diese Investition rentiert. Beobachter vermuten eher Image-Gründe als Motiv.
900 Antennen hat MegaFon in einer nur etwa ein Quadratkilometer großen Ecke von Sotschi errichtet, wo die meisten olympischen Wettkämpfe stattfinden. Das verriet der Projektmanager der Firma, Tigran Pogosyan, der Businessweek. Das ist laut Chiphersteller Qualcomm die höchste Dichte von Mobilfunk-Installationen auf der ganzen Welt. Damit es nicht so auffällt, wurden viele Antennen als Palmen und Parkbänke verkleidet. Die Bandbreite reicht für 1,2 Mio. Nutzer aus, während Sotschi nur 400.000 Einwohner hat.
Allerdings wurden eine Mio. Eintrittskarten verkauft. So haben Olympia-Besucher mobile Datenraten, die zehn Mal schneller sind als im Rest von Russland. "Es ist ein soziales und kommerzielles Investment. Es ist sehr gut für die Marke, dabei zu sein", so MegaFon-Chef Ivan Tavrin. Die Firma erhält für die Region bis 2016 die exklusiven Rechte, dort das 4G-Netz anzubieten. Ob das Projekt rentabel ist, bleibt abzuwarten.
Prassen ohne Limit für das Image
Wichtiger scheint in Russland gewesen zu sein, in der Weltöffentlichkeit gut dazustehen. So gab es bei der Sommer-Olympiade in London Probleme mit den mobilen Breitbanddiensten, da nur das 3G-Netz verfügbar war. Das machte Videostreaming und das Versenden großer Dateien mühsam. MegaFons 4G-Netz ist dagegen sogar schneller als das von Verizon, dem größten US-Anbieter, dessen Netz Geschwindigkeiten von fünf bis zwölf Megabit bei 4G erreicht.
Mikhail Alexeev vom Moskauer Beratungsunternehmen Advanced Communications & Media bestätigt, dass finanzielle Überlegungen nicht der Hauptgrund für Olympia-Investitionen waren. "Es geht nicht darum, ob sich das Investment jemals auszahlt. Es musste einfach für Russland getan werden." Und Analyst Sergey Libin von der Raiffeisenbank in Moskau stellt fest: "Die Übertragungskapazitäten werden sich nach den Spielen als überflüssig erweisen. Die Betreiber haben für Olympia aus Imagegründen geprasst."
Und trotz der immensen Kosten sind selbst die umworbenen Nutzer nicht alle zufrieden. Ben Troy, Techikverantwortlicher beim australischen Olympia-Team, sagt, dass er wieder zum alten 3G-Standard gewechselt ist, nachdem sich Sotschis 4G-Service als unzuverlässig erwiesen hatte.
Quelle: www.pressetext.com/Hubertus Müller