Rheinische Post: Mehr als eine Notlösung
Archivmeldung vom 14.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Eintritt von SPD-Parteichef Franz Müntefering als Arbeitsminister und Vizekanzler in die Regierung einer großen Koalition zeigt zweierlei: Erstens scheint die SPD-Spitze es wirklich ernst zu meinen, ein stabiles Bündnis für möglichst vier Jahre zu schmieden, für dessen politische Ergebnisse sich die Beteiligten nachher nicht schämen müssen. Dafür begibt sich nun der einzige verbliebene starke Mann der SPD demonstrativ auch persönlich in Haftung.
Dass alle drei Koalitionspartner mit ihren Parteichefs
Merkel, Müntefering und Stoiber im Kabinett vertreten sind, kann ein
stabilisierender Faktor sein falls sie jeweils die nötige Autorität
haben (und auch anwenden), um schwierige Beschlüsse gegen Murren in
der jeweils eigenen Partei durchzusetzen.
Zweitens zeigt Münteferings Opfergang (er selbst wäre lieber
Fraktionschef geblieben, der im Hintergrund die Fäden zieht und die
sozialdemokratischen Schäfchen beieinander hält), wie mager die
Personalreserve der SPD geworden ist. Die Partei hat derzeit keinen
anderen Politiker mit Vizekanzler-Format anzubieten, der gleichzeitig
eine Zukunftshoffnung als Spitzenkandidat für die nächsten und
übernächsten Wahlen wäre. 2009 wird Müntefering 69, soll er gegen
eine dann 55-jährige Merkel antreten?
Für das Land wäre ein solches Bundeskabinett, wie es sich jetzt
abzeichnet, mehr als eine Notlösung. Für die Zukunft der SPD gilt das
noch nicht.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post