WAZ: Kaczynski in Königsgruft beigesetzt - Grab an falscher Stelle
Archivmeldung vom 19.04.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie rasche Beisetzung Lech Kaczynskis auf dem Wawel-Hügel in Krakau ist ein Fehler. In der Gruft unter der Kathedrale liegen große Könige und Nationalhelden, die in den vergangenen Jahrhunderten schier Übermenschliches für ihr Land geleistet haben - der verstorbene Staatspräsident gehört in den Augen sehr vieler Polen nicht dazu.
Die Entscheidung ist allerdings nachvollziehbar, sie wurde getroffen unter dem Eindruck einer nationalen Tragödie, deren Ausmaß noch immer niemand wirklich bemessen kann. Doch muss in diesem Fall genau zwischen der menschlichen Katastrophe und der Staatsräson unterschieden werden.
Den Vertretern der Kirche, die am Ende verantwortlich sind für diesen Entschluss, war offensichtlich nicht bewusst, dass sie einen Keil in die Gesellschaft treiben und damit letztlich auch dem Ansehen des verstorbenen Präsidenten schaden. Die überwältigende Anteilnahme am Tod des Präsidenten und seiner Frau hat gezeigt, dass ihn das Volk als Menschen im Gedächtnis behalten will, der für sein Land einen heldenhaften Tod gestorben ist. Nun aber wird eine hässliche Diskussion über die Lebensleistung Lech Kaczynskis losbrechen, die im Augenblick lediglich aus Gründen der Pietät noch nicht geführt wird.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung