Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Piraten im Indischen Ozean
Archivmeldung vom 18.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBange machen gilt nicht, sagen sich die Piraten im Indischen Ozean, und weiten ihr kriminelles, aber höchst einträgliches Geschäft aus. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein Frachter in die Hände von Seeräubern gerät.
Selbst imposante Kriegsschiffe aus aller Herren Länder schaffen es nicht, das Seegebiet zwischen der arabischen Halbinsel und der ostafrikanischen Küste sicherer zu machen. Die Bundesregierung weist zwar Absprachen über ein härteres Vorgehen gegen das Seeräubertum zurück, die internationale Diskussion darüber ist jedoch einen Schritt weiter. Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton gibt zu, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichend sind. Ob aber die Drohung, das Vermögen von Piraten einfrieren zu wollen, wirklich abschreckend wirkt, darf bezweifelt werden. Den deutschen Reedern ist inzwischen auch klar geworden, dass alle Maßnahmen bisher nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben. Andererseits: Auch wenn es Zeit und Geld kostet, müssen die Schiffe vermehrt in Konvois fahren, um sie vor Angriffen zu schützen. Die Schiffseigner fordern ebenso einige deutsche Politiker, die Auseinandersetzung mit den hochgerüsteten Seeräubern auf eine neue Stufe zu stellen. Die Mutterschiffe der Piraten sollten ausgeschaltet werden, fordert nicht nur Rainer Stinner von der FDP. Hans-Peter Uhl von der CSU sagt offen: »Unverzüglich versenken.« Und schon stellen sich neue Fragen. Wer gibt den Befehl, mit Kanonen auf die Seeräuber-Befehlszentralen zu schießen? Wer hält seinen Kopf dafür hin, wenn sich später herausstellt, dass es doch nur ein harmloses Fischerboot gehandelt hat? Und was hindert einen festgenommenen Piratenboss daran, vor internationelen Gerichten sein angeblich erlittenes Unrecht zu beklagen? Die Staatengemeinschaft muss ernsthaft darüber nachdenken, den Internationalen Seegerichtshof in Hamburg über Seeräuber urteilen zu lassen - in welchem Land auch immer. Der Vertrag zwischen dem Bund und Kenia über die Aufnahme und Aburteilung festgenommener Piraten ist möglicherweise zu schnell geschlossen worden. Sind die Bedenken über die Wahrung von Menschenrechten ausreichend berücksichtigt worden? Wer die Demokratie als vorbildliche Staatsform für alle preist, muss sich die Mühe machen, ihre Prinzipien peinlichst einzuhalten. Schon jetzt kann sich der Prozess gegen somalische Piraten, die von deutschen Soldaten festgesetzt wurden, zu einer Posse entwickeln. Die Kriminellen haben deutsche Anwälte beauftragt, die Bundesregierung zu verklagen, weil gegen sie in Ostafrika und nicht auf deutschem Boden verhandelt wird. Und außerdem sei die Unterbringung im Knast von Mombasa menschenunwürdig. Jürgen Trittin persönlich will sich in Kenia über die Haftbedingungen informieren. Ob er wohl mit dem Schiff nach Ostafrika reisen wird?
Quelle: Westfalen-Blatt