Lausitzer Rundschau: Bundeswehr-Einsatz in Bosnien: Eine notwendige Debatte
Archivmeldung vom 01.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDass Verteidigungsminister Franz Josef Jung als Vertrauter des Merkel-Rivalen Roland Koch ins Kabinett kam, lädt ein zu Spekulationen über Differenzen zwischen ihm und der Kanzlerin.
Aber es gibt jenseits der parteipolitischen Profilierungsbemühungen
durchaus einen sachlich begründeten Interessenskonflikt zwischen der
Regierungschefin und dem Mann, der für die deutschen Soldaten
Verantwortung trägt. Und es sollte eine ernsthafte Debatte darüber
geben, wozu Auslandseinsätze der Bundeswehr tatsächlich gut sind und
wo sie ihre Grenzen finden.
Für die Bundeskanzlerin sind die Auslandseinsätze deutscher Militärs
immer auch so etwas wie eine Eintrittskarte in den Club der globalen
Wichtigmänner. Wer heute etwas auf sich hält im internationalen
Konzert, der hisst wie einst schon zu Kaisers Zeiten seine Fahne an
möglichst vielen Plätzen des Globus. Wozu dies dann führt, ist dabei
eine zweitrangige Frage. Es zählt vor allem, dabei zu sein. Etwas
verschroben drückt die Bundesregierung das dann damit aus, dass sie
ihrer internationalen Verantwortung gerecht werden muss. Der
Verteidigungsminister wird dabei zum Erfüllungsgehilfen der
Außenpolitik.
Tatsächlich aber muss der Mann, der die politische Verantwortung für
das Wohl und Wehe von Tausenden von Soldaten im Auslandseinsatz
trägt, eine eigenständige Rolle spielen. Nur wenn solche Einsätze
eine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben, werden sie mittelfristig
in der Truppe wie auch in der Bevölkerung die nötige Unterstützung
erfahren. Mit den Fragezeichen hinter dem Verbleib in Bosnien ist
Jung durchaus seinem Amt gerecht geworden. Denn Soldaten sind nur in
Ausnahmefällen die besten Helfer in Krisensituationen. Und sie sind
es vor allem nur für begrenzte Zeit. Sie haben die Mittel für
schnelle Interventionen und sie sind gut genug ausgerüstet, um
nötigenfalls auch eine Waffenruhe zu erzwingen. Sie sind kein Ersatz
für Polizisten oder Entwicklungshelfer. Die aber werden in Bosnien
viel eher gebraucht als die Streitkräfte der Bundesrepublik.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau