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Berliner Morgenpost: Das Gesundheitswesen ist und bleibt leider krank

Archivmeldung vom 26.01.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.01.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Er hat als Mediziner gewusst, worauf er sich einließ. Doch schneller als wohl ohnehin befürchtet, steckt Philipp Rösler mittendrin im gesundheitspolitischen Schlamassel. Noch keine 100 Tage Bundesgesundheitsminister, holt auch ihn die alles entscheidende Kostenfrage ein. Für die jetzt von den ersten Krankenversicherungen angekündigten Zusatzbeiträge ist er nicht verantwortlich - die hat ihm noch die große Koalition als Rezept hinterlassen.

Deren letzter Versuch unter Anleitung der SPD-Ministerin Ulla Schmidt, das System per "Gesundheitsfonds" zu stabilisieren, hat sich bereits im ersten Praxistest als wenig heilsam erwiesen. Damit wird der nun von Schwarz-Gelb angekündigte nächste, angeblich umfassende Umbau des Gesundheitswesens noch dringlicher, als es dem liberalen Minister-Neuling lieb sein kann. Obwohl der Bund den Kassen im laufenden Jahr 15,7 Milliarden Euro zuschiebt, kommen die mit dem Geld nicht aus und erheben deshalb die Zusatzbeiträge. Dass auf die ersten Kassen weitere folgen werden, ist so sicher wie lange Wartezeiten in den Arztpraxen. Nicht minder gewiss werden die Gesundheitskosten und damit Beitrage, Zusätze oder sonstige neu zu erfindende Prämien weiter steigen. Das deutsche Gesundheitssystem - es verschlingt derzeit jährlich etwa 250 Milliarden Euro - gilt als das teuerste der Welt, ohne dass die Deutschen deshalb vergleichsweise gesünder wären. Im Gegenteil. In allen anderen EU-Staaten gehen die Menschen nur halb so oft zum Arzt wie in Deutschland. Unser Gesundheitswesen ist krank. Eine Akut-Behandlung ist überfällig. Doch schon tobt der nächste Streit über das richtige Rezept. Nicht allein zwischen Regierung und Opposition, die auch in diesem Bereich von ihren Mitentscheidungen aus der großen Koalition abrückt, auch innerhalb der Regierung. Minister Rösler favorisiert das sogenannte Prämien-Beitragssystem, nach dem jeder Versicherte - wie beim Auto - den gleichen einkommensunabhängigen Beitrag zahlt. Geringverdiener sollen in diesem "Kopfprämien"-System aus Steuermitteln einen Ausgleich erhalten. Das würde nach ersten Berechnungen einen neuen zweistelligen Milliardenzuschuss des Bundes erfordern. Und wird deshalb in der CDU, allen voran von Finanzminister Wolfgang Schäuble, angesichts der desolaten Haushaltslage bei gleichzeitigen Steuersenkungsforderungen der FDP zunehmend abgelehnt. Ob Rösler bei den von ihm ebenfalls versprochenen Sparentscheidungen etwa gegen die Pharmaindustrie erfolgreicher sein wird, ist ebenfalls fraglich. Die zweifelhafte Entlassung des Chefs des deutschen Pillen-TÜV war kein gutes Signal. Solange die Menschen immer älter werden und die Medizin immer anspruchsvoller und damit teurer, wird die Kostenfrage und damit auch die Beitragshöhe für die Versicherten immer akuter. Die Grenzen auszuloten ist nicht allein eine sozialpolitische, sie ist zugleich eine ethische Frage. Aber auch jeder Einzelne trägt Mitverantwortung. Müssen die Deutschen bei den Arztbesuchen wirklich alle Rekorde schlagen?

Quelle: Berliner Morgenpost

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