Neues Deutschland: zum Bericht des UNO-Sonderbauftragten über Hunger in der Welt
Archivmeldung vom 08.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der Zeit, die Sie für das Lesen dieses Satzes brauchen, stirbt irgendwo in der Welt ein Kind an Unterernährung. Da das weder neu ist noch eine sonderlich ungewöhnliche Todesart darstellt, fehlt diesem Dauerereignis der Nachrichtenwert.
Letzterer wohnt immerhin dem magischen Wort »Milliarde« inne, das der UNO-Sonderbeauftragte für das Recht auf Nahrung, Olivier De Schutter, jetzt aussprach: Über eine Milliarde Menschen weltweit leidet unter chronischem Hunger. Die Verkündung des erwarteten Überschreitens dieser Marke ausgerechnet in der Karwoche ist von makabrer Ironie. Zwar passt die humanitäre Bankrotterklärung zur christlichen Trauerwoche. Doch für eine Milliarde Menschen - ob jesusgläubig oder nicht - geht die Fastenzeit am Ostersonntag weiter. Dabei fehlte es in den vergangenen Jahren nicht an Appellen, mit denen Politiker, Experten und Hilfsorganisationen Fortschritte auf dem Weg zu einer Welt mit ausreichendem Nahrungsangebot für alle anmahnten. Und eigentlich gibt es seit Jahren mehr als genug zu essen für die gesamte Erdbevölkerung. Die Krux ist nur: Wer kein Geld hat, Essen zu kaufen, muss ungeachtet aller Beschlüsse weiter hungern. Konzerne und ihre Regierungen sind nun mal keine Wohltätigkeitsvereine. Das sollte das aktuelle Finanz- und Wirtschaftsdesaster auch dem letzten Ignoranten zeigen, der von neuen Chancen faselt. Diese Krise ist keine Chance. Nicht für Millionen Hungernde. Sie hatten nie eine.
Quelle: Neues Deutschland