Westdeutsche Zeitung: Zusatzbeiträge sind schmerzhaft und helfen nicht
Archivmeldung vom 23.01.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie 6,50 Euro Zusatzbeitrag klingen nicht nach sehr viel Geld. Drückt man esanders aus, werden die Dimensionen deutlicher: Zwölf Millionen Menschen werden jährlich jeweils 78 Euro zahlen müssen. Bald dürfte es alle rund 50 Millionen Versicherte treffen. Wenn Kritiker das eine versteckte Kopfpauschale nennen, liegen sie nicht daneben.
Und wenn sie es ungerecht finden, dass bei den Zuzahlungen wiederum gegen das früher gültige Prinzip der gleichmäßigen Kostenteilung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei der Sozialversicherung verstoßen wird, stimmt das. Denn die Lasten trägt allein die zweite Gruppe.
Allerdings ist die Verteilung zwischen den beiden Lagern nur ein Nebenthema. Der Knackpunkt: So wie wir heute Gesundheitspolitik betreiben, kann es nicht weitergehen. All die Versuche, die Kosten in einer immer älter werdenen Gesellschaft in den Griff zu bekommen, waren wirkungslos. Es hilft nichts, phantasielos Beiträge zu erhöhen, was indirekt auch geschieht, wenn man Zuzahlungen der Patienten und wie jetzt Zusatzbeiträge verlangt oder die Beitragsbemessungsgrenze hochschraubt. Solche Maßnahmen nehmen lediglich den Menschen finanziellen Spielraum, ohne Probleme zu lösen. Kürzungen der Leistungen, wie sie erfolgt sind, haben die Situation auch nicht grundsätzlich verbessert.
Wahrscheinlich gibt es nur einen Weg: Die Politik muss den Mut aufbringen, bei der Gesundheitspolitik nochmal neu zu denken. Auch wenn es für die Mit-Erfinder schmerzhaft sein dürfte, würde das in der Konsequenz wahrscheinlich auf die Abschaffung des Bürokratie-Monsters Gesundheitsfonds hinauslaufen. Was nur ein erster Schritt wäre. Der neue Gesundheitsminister Rösler ist um seine Aufgabe wahrlich nicht zu beneiden.
Denn mit Flickwerk wie den Zusatzbeiträgen kann es nicht weitergehen. Solche Maßnahmen sanieren nicht, schaffen sogar neue Probleme. So wird erwartet, dass voraussichtlich ein Viertel der Zusatzeinnahmen, die die Kassen jetzt erhalten, sofort durch dadurch steigende Verwaltungskosten aufgefressen wird. Zudem wird nicht jeder Versicherte die Forderung akzeptieren. Diese müssen angemahnt werden und im für die Anbieter ungünstigsten Fall wechseln sie zu einer anderen Kasse.
Quelle: Westdeutsche Zeitung