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Börsen-Zeitung: Auf zur Leichenfledderei, Kommentar zu Air Berlin

Archivmeldung vom 16.08.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.08.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Angesichts eines Geschäftsmodells, das als komplett gescheitert gilt, und bestehender Überkapazitäten in der europäischen Fliegerei sind sich Branchenkenner seit langem einig: die gesündeste Lösung wäre, wenn Air Berlin einfach vom Himmel verschwände. Indes hat nüchterner Expertenrat im Angesicht des Verlusts tausender Arbeitsplätze wenige Wochen vor einer Bundestagswahl wenig Gewicht.

Daher überrascht es nicht, dass von allen Seiten wohlfeile Unterstützungsangebote kommen und die Politik sich hoffnungsvoll den Gesprächen zwischen Lufthansa und Air Berlin zuwendet, bei denen es um die Übernahme von "Teilen" der Gesellschaft, also Kapazitäten mit Mann und Maus geht.

Mehr als Teile des insolventen Wettbewerbers wird die Lufthansa schon aus kartellrechtlichen Gründen nicht übernehmen können. Andere wesentliche Hürden, die die Kranichlinie bisher davon abhielten, direkt nach Air Berlin zu greifen, sind allerdings gefallen. Mit der Insolvenz befreit sich der chronisch defizitäre Carrier von einem milliardenschweren Schuldenberg, der nur mit Hilfe des Großaktionärs Etihad überhaupt aufgetürmt werden konnte und der einer Übernahme durch Lufthansa im Wege stand.

Zugleich wird Air Berlin damit auch für andere Wettbewerber interessanter, die ebenfalls mit Macht im lukrativen deutschen Luftverkehr expandieren wollen, namentlich der irische Billigflieger Ryanair - hierzulande bereits die Nummer 3 - und auch andere. Genau dies ist nicht nur die Sorge der Lufthansa, sondern auch der Tui, deren eigene Airline sich mit beträchtlichem Kostengepäck im Wettbewerb heute schon schwer tut. Deshalb wäre der Touristikkonzern wohl auch gerne bei einer Lösung für Air Berlin mit eingebunden, kann allerdings selbst dafür kaum Geld auf den Tisch legen.

Auch wenn es den Wünschen der deutschen Airlines und der Politik stark entgegenläuft, muss genau dies aber das Interesse der Gläubiger sein. Diese dringen naturgemäß darauf, dass Air Berlin bestmöglich verwertet wird. Die Fluggesellschaft, die kein einziges Flugzeug mehr besitzt und schon lange alles Tafelsilber verkauft hat, kann ohnehin kaum verwertbare Assets bieten. Immerhin besitzt sie aber eine Reihe von sehr begehrten Landerechten an Flughäfen wie Berlin, Düsseldorf oder Palma. Dafür wird es an Interessenten nicht mangeln, auch solchen, die bezahlen können, wie etwa Ryanair. Bei einem Verkauf der Airline - als Ganzes oder in Teilen - kann der Insolvenzverwalter kein Gebot ausschlagen, nur weil der deutschen Konkurrenz oder der Politik der Bieter nicht gefällt.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Heidi Rohde

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