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WAZ: Der Streit um unsere Außenpolitik: Peking, Moskau, Berlin

Archivmeldung vom 27.11.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Bisweilen scheint Geschichte sich doch zu wiederholen. Es ist schon bemerkenswert, wie im aktuellen außenpolitischen Streit zwischen Union und SPD die alten Muster aus der Versenkung auftauchen.

Im Verhältnis zwischen den beiden Staaten in Deutschland und zur damaligen Sowjetunion setzte die SPD auf Dialog und Durchdringung und allmählichen Systemwechsel in den Diktaturen. Die Union hielt dies für Leisetreterei und plädierte für mehr Profil, also Konflikt. Dies wiederum hielt die SPD für schädlich, weil man so gegenüber Diktaturen nichts bewegen könne.

So ist es auch heute wieder. Die SPD setzt im Verhältnis zu den (Semi?-) Diktaturen in China und Moskau auf Dialog und Zusammenarbeit, die CDU-Kanzlerin empfängt den Dalai Lama und kritisiert Moskaus Putin öffentlich. So werde man nichts erreichen, kontert die SPD. Alles wie früher schon, vor fast 40 Jahren. Der Konflikt reicht mithin viel weiter zurück als es die These nahe legt, ob Steinmeier die Außenpolitik Schröders über Merkel hinwegretten will.

Merkel wie auch Steinmeier könnten gleichwohl denselben Irrtum begehen. Vereinfacht gesagt: Russland und China sind groß, viel größer als Deutschland. Sie haben ihre eigene Geschichte, die völlig anders verlaufen ist als die Deutschlands. Auch die geistesgeschichtlichen Traditionen sind gänzlich anders. Die Vorstellung, das vergleichsweise kleine Deutschland könnte die Riesen Russland und China zu einem Systemwechsel bringen, ist bei weitem noch weltfremder als die Idee von US-Präsident Bush, die Amerikaner seien in der Lage, Demokratie in den Nahen Osten zu bringen.

Russland wie China haben im Kern keine internationalen Interessen, sondern nur eigene. Sie wollen auch nicht die Welt retten, was sie vom amerikanischen Idealismus unterscheidet. Sie wollen vielmehr so stark werden, um dem Rest der Welt ihren Willen aufzudrücken. Russland nutzt dabei seine Energiereserven, China seine schier unerschöpflichen ökonomischen Wachstumsmöglichkeiten. Chinas Potenzial ist dermaßen groß, dass es die Entwicklung des weltwirtschaftlichen Wachstums (und damit auch der deutschen Perspektiven) für die nächsten zehn oder mehr Jahre bestimmen kann. Vor diesem Hintergrund wird viel groß Geglaubtes sehr klein.

Aus der Sicht Moskaus wie Pekings betrachtet, hat der Streit zwischen Merkel und Steinmeier daher fast schon kabarettistische Züge.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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