Neue Westfälische: Wahlparteitag in Berlin Grün pur
Archivmeldung vom 11.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDen Grünen geht es gut. Es lockt ein völlig eigenständiger Bundestagswahlkampf. Es gibt kein rot-grünes Projekt, das in der Ferne reizt. Es existiert in der Tat überhaupt gar keine Machtkonstellation, für die sich die Grünen verkämpfen müssten.
Es gibt nur Grün pur. Dazu gehören bedenkenswerte Ideen. Dass es sich bei der Krise um keinen Betriebsunfall handelt und dass es keinen einfachen Weg zurück geben darf, haben die Grünen gut erkannt. Wenn etwa die Finanzmärkte in Zukunft nicht stärker reguliert würden, wäre eine wichtige Chance vertan. Richtig ist auch der Gedanke, dass man die Wirtschafts-, die Finanz-, und Nahrungsmittelkrise nicht getrennt betrachten sollte. Ebenfalls stimmt, dass die Kernbranchen der deutschen Industrie - ob Autmobil, Maschinenbau, Chemie, oder Elektro - dann Zukunft haben, wenn sie energieeffizienter und kohlestoffärmer, kurzum wenn sie grüner werden. Der Wohlfühlparteitag in Berlin birgt gleichwohl Gefahren. Die beschlossenen sozialpolitischen Segnungen sind schlicht und ergreifend nicht bezahlbar. Mit ihrem Überschuss an Utopie setzen sich die Grünen darüber hinweg, dass in der nächsten Legislaturperiode wegen der gigantischen Staatsverschuldung und der horrenden Steuerausfälle kein müder Cent für sozialpolitische Experimente übrig sein wird. Hier droht ein Realitätsschock nach dem 27. September. Ein unschönes Erwachen droht ebenfalls, wenn nach dem 27. September die Ampel möglich sein sollte. Ob die Grünen im Rausch ihrer Unabhängigkeit imstande sein werden, sich von ihrem Lieblingsfeindbild FDP zu lösen und zu konstruktiver Kompromisspolitik zurückzufinden, ist fraglich. Da sich aber auch die FDP wenig flexibel und fixiert auf Schwarz-Gelb zeigt, könnte es sein, dass all die schönen grünen Ideen nach dem 27. September im Papierkorb landen werden.
Quelle: Neue Westfälische