Neues Deutschland: Parteitage von Linkspartei und WASG/Fusion
Archivmeldung vom 26.03.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBodo Ramelow, Fusionsbeauftragter der Linkspartei, begründete den frühen Schluss seines Parteitages am ersten Abend so: Er habe den Parteiauftrag, alle Verspätungen der letzten Jahre wieder aufzuholen. Das ist beiden Partnern für ihren Abstimmungsmarathon übers ganze Wochenende gelungen.
Dunkle Andeutungen im Vorfeld, es könne sein,
dass man sogar bis tief in die Nacht des Sonntags hinein benötige
(und die Montagspresse dann ganz schön alt ausgesehen hätte),
erfüllten sich zum Glück nicht. Linkspartei und WASG haben ihre
Verschmelzung beschlossen und geben die Gründungsdokumente nun ihren
Mitgliedern zur Urabstimmung. Verläuft diese ähnlich reibungslos,
wird die Bundesrepublik am 16. Juni dieses Jahres um zwei Parteien
ärmer, aber um eine reicher sein. Und man kann es diesmal ohne Groll
aufnehmen: Solcher Reichtum adelt, die Linke und die politische
Landschaft insgesamt.
Jedoch bleibt es mit bereits eingetretenen Verspätungen so eine
Sache. Durch allerlei Zwischenstopps auf freier Strecke, bei denen
sich das Zugpersonal zuweilen heftig in die Haare geriet, ob zur
Weiterfahrt erst der Schaden an der linken oder der an der rechten
Bremsbacke zu beheben sei, wurden etliche Fahrgäste vergrault,
potenzielle Kunden abgeschreckt. Es ist nicht ausgemacht, dass sie
sofort von der Botschaft überzeugt sind, die Linke werde mit der
Fähigkeit zu kraftvoller und zielbewusster Einigung nun genau so
pünktlich sein wie mit der zum immer neu aufbrechenden Streit.
Die Liste der offenen Fragen ist noch lang. Die Urabstimmung wird
sie nicht lösen, der Gründungsparteitag im Juni auch nicht. Aber
danach wird die Linke sich mehr mit dem Präsentieren von Antworten
als mit dem Sortieren ihrer Fragen beschäftigen müssen. Gefragt ist
dann vor allem eines: Nennt uns die Bahnhöfe, an denen wir nicht
beklaut, auf Abstellgleise geschoben oder in die Wüste geschickt
werden. Zeigt uns den Fahrplan dorthin und garantiert uns, dass wir
unterwegs nicht (wieder) verladen werden. Dann wird schon Kundschaft
kommen.
Natürlich, das Bild vom Zugpersonal und den Kunden ist problematisch. Die Linke weiß: Kein Gott, kein Kaiser noch Tribun - nicht einmal ein Lokführer und Heizer sollen es sein. Wird, kann sie ihr Wissen auch praktisch beweisen, anti-patriarchal? Dann wäre hier ein Angebot, das es so in unserem Land noch nicht gegeben hat: Eine demokratisch-sozialistische Linke, die sich einmischt, die solidarisch mitmischen lässt und bei der Gerechtigkeit und Emanzipation spürbar mehr als Worte sind.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland