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Hindernislauf: Kommentar zu den deutschen Exporterfolgen

Archivmeldung vom 10.08.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.08.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Es ist ein Phänomen: Das Wehklagen der Wirtschaftsvertreter angesichts latenter Lieferengpässe und Logistikprobleme wird immer lauter. Gleichzeitig setzen die Exporteure eine Bestmarke nach der anderen. Im Juni steigerten sie ihre Ausfuhren den 14. Monat in Folge, und das deutlich stärker als erwartet. Laut den vom Ifo-Institut ermittelten Exporterwartungen bleiben nahezu alle Branchen zuversichtlich, was ihre Auslandsgeschäfte auf Sicht der nächsten drei Monate betrifft. Längst sind auch anfangs skeptische Außenhandelsexperten eines Besseren belehrt: Anders als im Zuge der Weltfinanzkrise zieht diesmal die Exportbranche die Konjunktur aus dem Tal.

Hat nicht Handelskammerchef Peter Adrian kürzlich Materialengpässe als "Geschäftsrisiko Nummer eins" bezeichnet? Sieht nicht Ifo-Konjunkturchef Klaus Wohlrabe im Materialmangel eine "Gefahr für den Aufschwung"? Hat nicht der Präsident des Außenhandelsverbands BGA Anton Börner ungeachtet der jüngsten Superzahlen be­klagt, die "Reihe der Widrigkeiten im Außenhandel" könnte "kaum größer sein"?

Tatsächlich dürfte es schwerfallen, ein einziges Unternehmen mit Auslandsgeschäft zu finden, das nicht über die eine oder andere Widrigkeit klagt. Die Frachtkosten sind unvermindert hoch, die Lieferzeiten lang, das Reisen nach Übersee ist beschwerlich bis unmöglich. Die Unternehmen reagieren pragmatisch: Sie zehren Lagerbestände auf, kaufen - wo möglich - Vorleistungsgüter auf Vorrat, kürzen - wo nötig - zeitweise die Produktion. Und: Sie scheuen sich nicht, höhere Preise für Einkauf und Fracht an Kunden und Verbraucher weiterzureichen. Das zeigen Umfragen derzeit deutlich.

Für sich genommen wirkt jede einzelne der zahlreichen Zumutungen wie ein Bremsklotz für den Aufschwung. Allen voran die Autoindustrie wird auf unabsehbare Zeit mit Chipengpässen zu kämpfen haben. Deshalb ist die hiesige Konjunktur weit von der Schwelle zum Überhitzen entfernt, wie dies in der maßgeblich vom Binnenkonsum befeuerten US-Wirtschaft der Fall ist. Gesamtwirtschaftlich entfaltet die von den USA und China angeschobene Weltwirtschaft einen Sog, der stark genug ist, die deutsche Volkswirtschaft mitzuziehen.

Kein Zweifel: Die Exporteure haben einen Lauf. Aber es bleibt ein Lauf mit Hindernissen. Bestes Beispiel ist Adidas: Die Fabriken in Vietnam stehen wegen neuerlicher Corona-Einschränkungen still. Trotzdem hat der Dax-Konzern seine Umsatzprognose erhöht - und es wäre sogar noch deutlich mehr drin. So wird es auf breiter Front noch eine ganze Zeit weitergehen. Text

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Stefan Reccius

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