Leipziger Volkszeitung zu Altersarmut
Archivmeldung vom 22.06.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie einen sehnen ihn herbei, andere winken ab - er kommt trotzdem irgendwann für jeden: Der Ruhestand. Und entgegen alter Klischees von Einsamkeit und Krankheit leben hier zu Lande die meisten älteren Menschen selbstständig, sozial und finanziell weitgehend abgesichert und relativ zufrieden. Das könnte sich ändern.
Nicht etwa, weil noch in
diesem Jahr die Bestatter in Deutschland mit einem eigenen
Trauerkanal auf Sendung gehen wollen. Zielgruppe: Die wachsende Zahl
älterer Menschen. Nein, die Sorge gilt einem möglichen Nachruf für
die gesetzliche Rente, die mehr und mehr an Schwindsucht leidet. Der
Sozialverband Deutschland hat gestern nicht von ungefähr vor
wachsender Altersarmut gewarnt.
Das allein ist noch kein Grund zur Panik. Um die mahnenden Worte
einzuordnen: Derzeit gelten zwei Prozent der 20 Millionen Rentner in
Deutschland als arm. Der Mehrzahl der Senioren geht es also recht
gut. Für jeden Einzelnen der statistischen zwei Prozent heißt das
alllerdings am Lebensabend Verzicht - letztlich Ausgrenzung aus dem
Wohlergehen der Gesellschaft um ihn herum. Das ist bitter - schon
zwei Prozent sind zu viel.
Gründe für eine mögliche Armut im Alter gibt es viele. Der
Sozialverband sieht sie vor allem den Entwicklungen der letzten Jahre
geschuldet, geringem Einkommen beispielsweise, wachsenden
Vorsorgelücken durch Arbeitslosigkeit und natürlich Einschnitten in
das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung. Das schreckt
vor allem im Osten auf. Ist doch hier die gesetzliche Rente im Alter
die hauptsächliche Einnahmequelle. Hier gibt es besonders viele
Langzeitarbeitslose und Geringverdiener, die auch keine private
Vorsorge treffen können. Und die Politik weist derzeit keinen Ausweg.
Das SPD-Projekt Mindestlohn ist gerade erst bei den Gesprächen der
Koalitionsspitzen gescheitert. Neue Reformen wie zum Beispiel für die
Pflege verlangen Senioren mehr Geld ab. Die Rente mit 67 könnte
künftige Alterseinkünfte noch mehr schmälern. Sie ist zwar die
einzige Antwort auf die demografischen Herausforderungen, belastet
aber vornehmlich die Älteren, wenn notwendige Jobs für sie nicht
vorhanden sind. Und selbst wenn die Wirtschaft boomt, heißt das noch
lange nicht, dass dies die Gehälter in die Höhe treibt. Jüngst erst
wurden bei der Telekom schmerzliche Einschnitte verkündet.
Gerade für jene, die wenig verdienen, stehen die Chancen nicht zum
Besten. Sie erwerben nur geringe Anwartschaften für die gesetzliche
Rente. Wer 45 Jahre lang für ein geringes Entgelt gearbeitet hat,
müsste unter Umständen im Alter finanziell mit der Grundsicherung
auskommen. Man kann sich also auch arm arbeiten.
Diese Zukunft alarmiert zunehmend auch die Jüngeren. Allerdings
wissen sie ohnehin schon lange, dass für sie neben der gesetzlichen
der Ausbau der privaten und betrieblichen Altersvorsorge notwendig
ist, um im Alter nicht arm zu sein.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung