Rheinische Post: Das Atlantis des 21. Jahrhunderts
Archivmeldung vom 02.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittRund 70 Prozent der Mississippi-Metropole liegen unter dem Meeresspiegel, und nun läuft die Wanne voll. Buchstäblich abgesoffen ist das alle verbindende kreolische, französische, spanische, indianische und afroamerikanische Erbe der Stadt. Hunderttausende sind geflohen, andere wurden evakuiert, tausende warten auf Rettung. Der Ort des Schreckens heißt New Orleans, ein Ort in Amerika, der zum Atlantis der Moderne zu werden droht.
Es ist eine der schlimmsten Naturkatastrophen in der Geschichte des Landes, das den Optimismus als Teil des Nationalcharakters hochstilisiert. Das Unglück war vorhersehbar, denn New Orleans wurde schon öfter von schweren Hurricans getroffen. Doch diesmal brachen Dämme und das hebt die
Stadt aus ihrer Regionalbedeutung. Wurde gespart und der Schutz aus
politischer Opportunität vernachlässigt?
Amerika ist schockiert, weil es auch einen Einbruch beim
Machbarkeitswahn erlebt. Ein Land, das Marsmissionen ausrichtet und
nach den Sternen greift, kann Menschen nicht vor Dammbruch schützen.
Die Stadt muss viele Jahre saniert werden, und man muss fragen, darf
man sie dort wieder aufbauen? Vor allem Arme sind getroffen, die
alles verloren und nun Frust und Rest-Glauben an bessere Zeiten im
Marschgepäck haben. Jetzt muss der Starke den eigenen Lebensstil
überdenken. Das ist unamerikanisch und trotzdem kein Zeichen von
Schwäche.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post