Wiesbadener Kurier: Kommentar zu Polit-Talkshows
Archivmeldung vom 24.05.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSie gehen einem manchmal auf die Nerven, die zahllosen Talkshows im Fernsehen. Die meisten von ihnen kommen über Laber-Runden nicht wesentlich hinaus und das gilt auch und manchmal besonders , wenn Politiker mit von der Partie sind.
Bis zur
Perfektion zelebriert vor allem Sabine Christiansen in ihrem
sonntagabendlichen Zirkel diese organisierte Langeweile. Immer
wiederkehrende Themen, immer wiederkehrende, steife Personen, immer
wiederkehrende Rituale verfehlen ihren selbstgesetzten Anspruch um
Längen.
Offenbar sind die Einschaltquoten den Sendern noch hoch genug, dass
man die oft nichtssagenden Formate im Programm hält. Am ehesten kann
man noch "Menschen bei Maischberger" eine interessante und breite
Themenstellung bescheinigen. Dass man hier nicht gleich wegschaltet,
liegt vielleicht auch daran, dass Politiker seltener zu Wort kommen,
vielmehr unmittelbar Betroffene gefragt sind wie jüngst bei der
Sendung über Prostituierte. Drei Damen aus dem Gewerbe, ein
Bordellbetreiber und eine Lehrerin etwa, die sich lange mit dem Thema
beschäftigt hat und gegen die Prostitution zu Felde zieht, und ein
Polizist. Leute also, die wirklich wissen, wovon sie reden, und nicht
einfach Programme und Vorstandsbeschlüsse ihrer Parteien nachbeten.
Da spricht das (volle) Leben.
Der Vorschlag des Bundestagspräsidenten Lammert, Politiker sollten
für zwei Jahre ihre Auftritte in Talkshows aussetzen, geht aber an
der Wirklichkeit vorbei. Denn Fernsehsender sind längst Beute der
Parteien. Die Politiker werden einen Teufel tun und auf die
kostenlose Sendezeit für ihr jeweiliges Credo verzichten. Lammert hat
zwar Recht, wenn er die Gefahr sieht, dass das allzu oft niedrige
Niveau und die geringe Aussagekraft der Talk-Runden
Politikverdrossenheit eher fördert als das Informationsinteresse der
Bevölkerung.
Die einfachste Chance, sich in vorteilhaftes Licht zu rücken,
verpassen die Berliner Politiker bei den Debatten im Bundestag. Diese
sind auch nicht immer die wahre Freude. Für die breite Bevölkerung zu
fachspezifisch, zu abgehoben, zu langweilig und am Auftrag des
Parlaments vorbei selten dazu gedacht, auf die Argumente des Gegners
wirklich einzugehen. Dieses Verhalten braucht keine Fortsetzung in
Talkrunden.
Quelle: Pressemitteilung Wiesbadener Kurier