Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) kommentiert zur Reise von US-Präsident George W. Bush
Archivmeldung vom 11.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt»Ich glaube nicht, dass ich von einem Stichtag gesprochen habe. Ich dachte, ich habe gesagt, Zeit - Ich habe das gesagt? Was genau habe ich gesagt? Ich habe Stichtag gesagt? Okay, ja, dann habe ich gemeint, was ich gesagt habe.«
US-Präsident George W. Bush muss auf seiner einwöchigen Europareise
höllisch aufpassen, dass er nicht ins Schwimmen gerät. Auf die Frage
nach einem Stichtag, an dem seine Geduld mit den festgefahrenen
Bemühungen um ein Abkommen für die Unabhängigkeit Kosovos zu Ende
sei, zerbrachen gestern jedenfalls auch die allerletzten Worthülsen.
Bush absolviert immerhin ein Riesenprogramm, das zugleich die Grenzen
der präsidialen Regelungsmöglichkeiten aufzeigt. Beim G8-Gipfel in
Heiligendamm hatte er sich zu fügen, in Italien gab's kaum mehr als
Höflichkeiten und allen osteuropäischen Gesprächspartnern muss er in
der Raketenfrage seine zwangsläufig geänderte Position nach dem
überraschenden Putin-Vorschlag darlegen.
Die albanische Regierung erhoffte sich gestern vom siebenstündigen
Zwischenstopp Unterstützung für ihre Bemühungen um einen
Nato-Beitritt und die Unabhängigkeit der überwiegend von Albanern
bewohnten serbischen Provinz Kosovo. Die USA gelten als treibende
Kraft hinter dem Kosovo-Plan der Vereinten Nationen, der die
Unabhängigkeit für die Provinz noch in diesem Jahr vorsieht. Während
seines Italien-Besuchs hatte Bush gefordert, trotz russischen
Widerstands den Plan sofort umzusetzen.
Unschöne Szenen wie in Rom und Rostock musste Bush in Albanien nicht
fürchten. Antiamerikanismus gibt es hier nicht. Bunte Fähnchen und
große Plakate mit einem lächelnden Bush prägten das Straßenbild.
Nebenbei gab es noch die höchste Ehrenmedaille des Landes und eine
Straße wurde nach Bush benannt.
Außenministerin Condoleezza Rice und die US-Diplomatie sollen nach
dem Wunsch des Präsidenten jetzt »hart daran arbeiten«, mit Russland
und anderen Partnern zu einer Gemeinsamkeit auf Grundlage der Pläne
von UN-Vermittler Martti Ahtisaari zu kommen. Merkel hatte in
Heiligendamm schon erklärt, die Kosovofrage müsse bald geklärt
werden, es gehe aber nicht um Tage oder Wochen dabei. Es mache auch
keinen Sinn, wieder einen anderen Vermittler loszuschicken.
Der Ahtisaari-Plan sieht eine kontrollierte Unabhängigkeit des seit
1999 unter UN-Verwaltung stehenden Kosovos vor. Wladimir Putin
bestärkt hingegen Serbien in dessen Totalverweigerung. Dieses Ringen
ist noch nicht entschieden.
Zumindest die Optimisten in den westlichen Hauptstädten erwarten
einen Durchbruch beim Besuch Putins auf dem Privatsitz des
amerikanischen Präsidenten in Kenenbunkport in gut vier Wochen. Eine
entsprechende Einladung hatte der Russe vergangene Woche angenommen -
was allerdings nichts darüber aussagt, welchen Vorschlag er dann
womöglich aus dem Hut zaubert.
Quelle: Pressemitteilung Westfalen-Blatt