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Fein raus

Archivmeldung vom 03.11.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.11.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Monatliche Daten zur Stimmung unter Einkaufsmanagern stehen im Ruf, etwas Dröges an sich zu haben. In der Coronakrise allerdings werden sie zum Hingucker. In allen großen Wirtschaftsnationen starren die Auguren gebannt auf mögliche Anzeichen, dass sich konjunkturell wieder etwas regt. So richtig fündig wird man gegenwärtig allerdings nur in China. Der am Montag verbreitete private Purchasing Manager Index für Chinas Industriesektor kletterte im Oktober von 53 auf 53,6 Punkte.

Damit erreicht das Stimmungsbarometer für Chinas verarbeitendes Gewerbe tatsächlich den höchsten Stand seit Januar 2011, also seit fast zehn Jahren. Damals brummte Chinas Wirtschaft, von reichlichen Stimuli zur Abfederung der globalen Finanzkrise aufgeputscht, noch mit Wachstumsraten jenseits der 10-Prozent-Marke.

In diesem Jahr wird China nach einem dramatischen Wachstumseinbruch im ersten Quartal wohl nur auf etwa 2 Prozent Wachstum kommen. Das klingt nicht gerade nach Boom. Tatsächlich aber entfaltet China gegenwärtig eine gewaltige Dynamik, mit der die Volksrepublik hoffen kann, rasch aus der Delle herauszufinden. Die auf einen Vergleich zum Vormonat ausgerichteten PMI-Daten als Momentaufnahme für Schwungkraft und Stimmung bei Industrie oder Dienstleistungen sind jedenfalls ein klares Signal, dass es vorangeht. Erholung, Erholung, Erholung, könnte man sagen. Und das bezeichnenderweise mit einem relativ moderaten fiskalischen und monetären Stimulierungsaufwand.

China hat früh und entschlossen mit drastischen Lockdown-Maßnahmen auf Corona reagiert und dafür einen frühen Konjunktureinbruch kassiert. Dafür ist man jetzt fein raus. Was für ein Kontrastprogramm im Vergleich zur bleischweren Konjunkturstimmung im europäischen Raum, wo immer neue Hiobsbotschaften zu neuen Corona-Fallzahlen und das Erfordernis von partiellen Lockdowns, sprich Ausgangssperren und anderen Restriktionen, politisches Tagesgespräch sind.

Manche werden sich ärgern, dass es am ursprünglichen Ausbruchsort der Pandemie wieder so unbekümmert zugeht, während die westliche Welt nicht so recht aus der Krise herausfindet. Lieber sollte man jedoch dankbar dafür sein, dass überhaupt noch eine weltwirtschaftliche Zuglokomotive weiter auf den Gleisen steht. Schwieriger ist es noch, die eigentliche Lehre aus Chinas Umgang mit Corona zu ziehen - nämlich dass der optimale Zeitpunkt für einen harten Lockdown mit anschließendem Durchstarten längst verpasst worden ist.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Norbert Hellmann

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