Westdeutsche Zeitung: Benzinpreise
Archivmeldung vom 28.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn die Benzinpreise weiter so drastisch steigen, werden sich zumindest Besitzer größerer Wagen an dreistellige Rechnungen pro Tankfüllung gewöhnen müssen. Logisch, dass da alle Autofahrer überaus dankbar auf jeden Vorschlag reagieren, der eine Entlastung verspricht.
Politiker wissen das, begreifen diese Chance, etwas für ihre Beliebtheit zu tun. Anders ist die bunte Vielfalt der am Wochenende verbreiteten sogenannten Konzepte, wie man den Spritpreis senken kann, nicht zu erklären. Von Vorschlägen auf Hausmittel-Niveau, sich halt sparsamer zu verhalten (Kanzlerin Merkel) bis hin zur staatlich festgelegten Preisobergrenze (Saarlands SPD-Chef Maas) reichte die Kreativität. Selbst wenn Maas seine Idee im prinzipiell nicht der sozialistischen Gleichmacherei verdächtigen Luxemburg abgekupfert hat, wo es solch eine Deckelung seit vier Jahren gibt, riecht sie nach Planwirtschaft. Es ist dürftig und leichtfertig, wenn Politiker auf Probleme unseres Gemeinwesens immer öfter mit der Forderung nach mehr staatlichen Eingriffen reagieren. Das zeigt, dass sie Grundprinzipien unserer Gesellschaftsordnung nicht verstanden haben - oder bereit sind, sie in einem Rausch von billigem Populismus zu opfern. Beides ist schlimm. In diesem Fall ist es besonders unverständlich. Denn den Spritpreis, den legt in einer Demokratie normalerweise eben nicht die Kanzlerin oder ein Wirtschaftsminister fest. Der bildet sich vor allem am Weltmarkt durch Angebot und Nachfrage. Womit der Staat den Spritpreis hingegen wesentlich beeinflusst, das sind die Steuern. Dank dieses Instruments könnte die Politik die Autofahrer nämlich echt entlasten. Bei Benzin gehen aktuell über 60 Prozent für Steuern weg, bei Diesel rund 50 Prozent. Und diese Abgaben hat der Staat ja selbst eingeführt, darf sie also auch beliebig reduzieren. Wenn er noch mehr tun möchte - bitte sehr: Er kann gerne die Entwicklung energiesparender Technik, nicht nur bei Autos, steuerlich fördern. Er könnte Pendler entlasten, indem er ihnen die Entfernungspauschale zurück gibt. Der Staat hat auch ohne drastische dirigistische Eingriffe zahlreiche Möglichkeiten, uns Bürgern angesichts der hohen Energiepreise zu helfen. Er muss sie nur nutzen.
Quelle: Westdeutsche Zeitung (von Martin Vogler)