Mindener Tageblatt: Staatshilfen Retten jetzt, zahlen später
Archivmeldung vom 02.06.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIst, was Opel Recht war, Karstadt billig? Nach der Wahlkampflogik der großen Retter-Koalition kann die Antwort eigentlich nur ein glasklares Ja sein. Zwar kann der infolge eigenen Unvermögens ins Wanken geratene Kaufhaus-Konzern Arcandor den Handel mit - zum Beispiel - asiatischer Importware schlecht als schutzwürdige industrielle Schlüsselkompetenz verkaufen.
Aber dafür wirft er jede Menge Arbeitsplätze in die Waagschale, im direkten Vergleich sogar mehr als der Autobauer. Prompt wird wohlwollende Prüfung der Forderungen nach Milliarden-Bürgschaften zugesagt - auf das Ergebnis kann man wohl ziemlich risikolos wetten. Etwas schwieriger dürfte - wie bei Opel - die Einschätzung des dauerhaften Erfolgs solch staatlicher Nothilfe ausfallen. Wer die Zeche im Schadensfall oder auch nur im Zweifel zahlt, ist allerdings klar: der Steuerzahler. Rund 1200 Firmen sollen bereits Anträge auf Staatshilfe gestellt haben. Finanziert wird auf Pump. Das kommt teuer, so oder so. Immer noch mehr Staatsschulden strangulieren die Handlungsfähigkeit der Politik irgendwann endgültig. Auf der Suche nach dem Befreiungsschlag wird die Suche nach möglichen Einnahmeverbesserungen also immer dringlicher. Was übrigens, nebenbei gesagt, auch für die Sozialsysteme gilt. Deren Belastung durch die in Folge der Krise zwangsläufig demnächst wieder stark ansteigende Arbeitslosigkeit wird eher über kurz als über lang neue Beitragserhöhungen notwendig machen - nach der Wahl, versteht sich. Ebenfalls nach der Wahl wird die nächste Große Koalition, gelernt ist gelernt, das Fass der nächsten massiven Mehrwertsteuererhöhung aufmachen. Hat man beim letzten Mal damit nur die Staatsfinanzen sanieren wollen, ist es diesmal zum Wohl der Arbeitsplätze. Bei Opel, Karstadt und anderswo. Wer zahlte da nicht freudig?
Quelle: Mindener Tageblatt