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Börsen-Zeitung: Schlechte Traditionen

Archivmeldung vom 01.03.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.03.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Bei Bayer waren hohe Sonderlasten in der Vergangenheit stets für eine Überraschung gut. Mit dieser Tradition wollte oder konnte auch der neue Vorstandschef Marijn Dekkers nicht brechen. Abschreibungen auf den Markennamen Schering und andere außerplanmäßige Wertkorrekturen von zusammen fast 1 Mrd. Euro drückten das Konzernergebnis im Schlussquartal sogar in die roten Zahlen, obwohl der Konzern operativ seinen eingeschlagenen Kurs fortsetzte. Das sorgte an der Börse zumindest vorübergehend für Verwirrung, wie der anfängliche Kursrutsch um über 1% zeigte, auch wenn die Aktie zum Handelsende wieder ein stolzes Plus von über 2% aufwies.

Zwar ist es nicht außergewöhnlich, dass neue Vorstandschefs in ihrem ersten Abschluss Altlasten beseitigen, um sich für die Zukunft zu positionieren - Dekkers steht ja erst seit Oktober in der Verantwortung als Vorstandsvorsitzender. Dass in den Sonderlasten, die 2010 mit satten 1,7 Mrd. Euro zu Buche schlugen, von den angekündigten Restrukturierungskosten von 1 Mrd. Euro noch kaum etwas verarbeitet wurde, hinterlässt aber zumindest einen fahlen Beigeschmack. Diese Kosten werden auf 2011 und 2012 sozusagen vorgetragen.

Fortgesetzt wird darüber hinaus die Unart, über das Herausrechnen von Sonderlasten ein brillanteres Bild zu zeichnen. Keine Frage, um ein Geschäft in seiner operativen Entwicklung bewerten zu können, sind bereinigte Kennziffern das probate Mittel. Gleichwohl sind hinter Ergebnisgrößen wie das bereinigte Ergebnis je Aktie durchaus Fragezeichen zu setzen, wenn sie zur alleinigen Bemessungsgrundlage für beispielsweise die Ausschüttungssumme herangezogen werden.

Nicht von ungefähr wurde diese Kennziffer 2006 im Zusammenhang mit der Schering-Übernahme eingeführt, ließen sich damit doch akquisitionsbedingte Einflüsse korrigieren. Im Schlussquartal 2010 zahlte sich die Rechnungsart für Bayer abermals aus: Aus einem Verlust von 0,18 Euro je Aktie wurde in bereinigter Rechnung im Handumdrehen ein Gewinn von 0,95 Euro.

Letztlich kann aber auch die schönste Sonderrechnung nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bayer in ihren Kerngeschäften Healthcare und Cropscience mit Margenproblemen kämpft - auch wenn das Unternehmen seit dem Eintritt von Dekkers in den Konzernvorstand Anfang 2010 auf die Vorgabe von Margenzielen explizit verzichtet.

Quelle: Börsen-Zeitung

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