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Westfalen-Blatt: zu Nahost

Archivmeldung vom 28.08.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.08.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Im Nahen Osten herrscht derzeit Ruhe. Israel wird weder von Angriffen von Hamas-Extremisten aus dem Gazastreifen bedroht noch stellen Aktivisten von Milizen aus dem Westjordanland oder Hisbollah-Kämpfer aus dem Libanon eine Gefahr für Israel da. Die Israelis sind Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dankbar dafür, weil er diese Ruhe auch ohne Friedensgespräche erreicht hat.

Die Palästinenser haben zur Zeit genug mit sich selbst zu tun. In der Fatah-Organisation von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas wird noch immer über eine Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung von politischenn Zielen gegenüber Israel gestritten. Angeheizt wird diese Debatte durch den Vorschlag von Netanjahu, der sich einen Palästinenserstaat nur ohne eigene Armee und ohne Ost-Jerusalem als palästinensische Hauptstadt vorstellen kann. Die Hamas-Extremisten, entschiedene Gegner der Fatah, haben erst vor wenigen Wochen bewiesen, dass sie ihre Macht im Gazastreifen mit allen Mitteln verteidigen werden. Sie schlugen einen Aufstand von El Kaida nahestehenden palästinensischen Extremisten gnadenlos nieder. Vor diesem Hintergrund kann man Netanjahus gestern geäußerte Zuversicht, dass in ein bis zwei Monaten wieder Gespräche über eine Friedenslösung im Nahen Osten aufgenommen werden, nur als taktisches Geplänkel abtun. 300 000 jüdische Siedler leben bereits im Westjordanland - Kernland für einen künftigen Palästinenserstaat - und ein echter Siedlungsstopp ist nicht in Sicht. Verhandlungen unter solchen Bedingungen sind für Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas wohl unannehmbar. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat wie andere europäische Politiker bekräftigt, dass sie den Stopp des Siedlungsbaus als »entscheidende Voraussetzung« für einen umfassenden Frieden ansieht. Davon wird sich Netanjahu nicht sonderlich beeindrucken lassen. Der entscheidende Spieler in diesem Konflikt ist der US-Präsident. Barack Obama, der sich der islamischen Welt als ehrlicher Vermittler präsentieren möchte, könnte entscheidenden Druck auf Israel ausüben, um eine Zwei-Staaten-Lösung herbeizuführen. Der clevere Taktiker Netanjahu hat bemerkt, dass Obama letztendlich vor scharfen Sanktionen gegenüber Israel zurückschreckt, aus Rücksicht auf die mächtige Israel-Lobby im eigenen Land. Vor allem ist Obama aber derzeit mit der Gesundheitsreform, der Wirtschaftskrise und dem Irak-Abzug so sehr beschäftigt, dass er nicht allzu viel Kraft auf den Nahostkonflikt verwenden kann. An einer Zwei-Staaten-Lösung werden die Israelis letztlich nicht vorbeikommen, weil ein grundsätzliches Problem bestehen bleibt. Wenn kein palästinensischer Staat gegründet wird, und das Westjordanland Teil Israels bleibt, werden die Palästinenser schon in wenigen Jahren die Mehrheit im jüdischen Staat Israel stellen. Für die meisten Israelis ist das unvorstellbar.

Quelle: Westfalen-Blatt

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