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WAZ: China zensiert die Medien

Archivmeldung vom 31.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Olympischer Geist kündet von Freiheit, Weltoffenheit, Völkerverständigung. Doch was von führenden Funktionären in Sonntagsreden an goldigen Worten heraus posaunt wird, verkümmert in der grauen Wirklichkeit zum ganz gemeinen verbalen Blech.

Und China, der nächste Gastgeber des spektakulären Fünf-Ringe-Gerangels, demonstriert auf unerträgliche Weise, dass es sich beim größten Sportfest der Welt keineswegs um ein Spiel ohne Grenzen handelt. Ein Großteil jener Kritiker, die den rücktsichtslosen Machtmissbrauch und die permanenten Menschenrechtsverletzungen der politischen Elite öffentlich angeprangert haben, ist eingekerkert worden. Die erhitzte Empörung über inhumane Verhältnisse in Tibet wurde auf Sparflamme heruntergefahren, und falls sich die 25 000 Berichterstatter aus aller Welt während Olympia per Internet über den außersportlichen Alltag informieren wollen, klicken sie nur leere Seiten an. Denn die chinesische Obrigkeit hat strengste Zensur verfügt, weil sie mehr verheimlichen als offenbaren will.

Doch das ist lediglich die eine Seite des Skandals, der in weit stärkerem Maße vom Internationalen Olympischen Komitee verantwortet werden mus. Von seinem eher introvertierten Präsidenten Jacques Rogge, von dessen Stellvertreter, dem designierten Nachfolger Thomas Bach, der sich in seinem grenzenlosen Ehrgeiz davor hütet, sich seine Chancen mit taktischen Fehltritten zu verbauen. Entweder sagt er nur Unverbindliches, oder er schweigt. Ein Aussitzer ohne Profil, ohne mitreißendes Charisma, ohne bestimmende Deutlichkeit.

Dass die Chinesen rabiat diktieren, dass sie anordnen und zugleich zensieren, was ab übernächsten Freitag in ihrer Haupstadt abgeht, ist ein Armutszeugnis für Rogge, für Bach. Für die Führungsriege, die sich nicht ungern als "Herren der Ringe" bezeichnen lässt, die jedoch gegenüber China in fast allen relevanten Fragen eingeknickt ist wie schwächelnde Weichmänner.

Diese duckend-demütige Haltung ist nicht zu verstehen und nicht zu begreifen. Denn die Olympischen Spiele sind hundertprozentiges Eigentum des IOC, das sämtliche Rechte vermieten und vermarkten kann. Und der Veranstalter - wie China - ist lediglich Untermieter, ausführendes Organ. Dass die Chinesen den Herren Bach und Rogge jedoch auf der Nase herumtanzen, dass sie sich nicht an feste und vertraglich fixierte Vereinbarungen halten, dass sie sogar vorgeben was sie von Pressefreiheit und Offenheit halten, zeugt von der Schwäche der IOC-Oberen. Sie lassen zu, dass Peking zur gewaltigen Täuschung wird.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Hans-Josef Justen)

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