Alle verengen den Raum für die Kanzlerin: Merkel und ihre rasselnde Bande
Archivmeldung vom 17.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEinen glücklichen Eindruck macht Merkel in diesen Tagen nicht. Weshalb sollte sie auch fröhlich sein? Etwa, weil genau von jenen Reformen, die sie vor gerade mal zwei Jahren der eigenen Partei abgetrotzt hat, nun niemand mehr redet? Nicht von der Gesundheitsprämie, nicht von Steuersenkungen, schon gar nicht von Änderungen im Arbeitsrecht? Und jetzt droht ihr auch noch Seehofer als Minister. Als ob Stoiber ihr nicht schon gereicht hätte.
Hat ein CDU-Regierungschef je ein sozialdemokratischeres Kabinett
geführt als nun absehbar Merkel? Acht SPD-Minister, plus zwei
Sozialdemokraten aus der CSU, das ergibt eine klare Mehrheit gegen
die liberal grundierte Regierungschefin. Von wegen Richtlinien-
Kompetenz: Merkel tritt nun an mit einer Mannschaft, deren größten
Teil sie nicht wollte, in einer Koalition, die sie für ein Übel hält
und für eine Politik-Richtung, die sie als Oppositionspolitikerin nur
verreißen könnte. Bei alldem ist sie auch noch von Gegnern umzingelt.
Man muss schon unverbesserlicher Masochist sein, um bei so etwas
Glücksgefühle zu entwickeln.
Stoiber und Seehofer sind noch nicht einmal als Minister
vereidigt, da reden sie schon aufgeblasen daher. „Ich lass mich doch
nicht auf Kartoffeln und Bananen reduzieren”, arrogantelt der
angehende Kartoffel-Minister Seehofer – was werden „seine” Bauern
dazu sagen? Und wann hätte je ein Agrarminister über Renten- und
Gesundheitsreform mitbestimmt?
Dann Stoiber: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen
Bereich gibt, wo das Wirtschaftsministerium nicht gefragt werden
muss.” Wenn dergleichen der bayerische Wirtschaftsminister auch nur
gedacht hätte, er wäre von Stoiber in Alpen-Verbannung geschickt
worden. Dann gibt sich der Ober-Bayer auch noch schlecht informiert:
Der einzige Minister mit Veto-Recht im Kabinett ist jener für
Finanzen. Der heißt demnächst Steinbrück, ist von der Konkurrenz,
wird aber, schon wegen der dramatisch leeren Kassen und der drohenden
Brüsseler Strafe für den Dauer-Verstoß gegen Maastricht, erheblich
erheblicher sein als Stoiber (und darum womöglich Merkels wichtigster
Verbündeter).
Seehofer und Stoiber verhalten sich anmaßend und illoyal. Nicht
einmal wehren darf sich die Kanzler-Anwärterin derzeit; wer mit
solchen Ego-Triplern Staat machen soll, kann dabei glücklich kaum
werden.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung