Börsen-Zeitung: Tremontis falsche Idee
Archivmeldung vom 27.05.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittItaliens Konjunktur läuft alles andere als rund. Der neue Finanzminister Giulio Tremonti rechnet für dieses Jahr mit kaum mehr als einem Nullwachstum, und das hat Folgen für die Steuereinnahmen. Tremonti steht nun vor der zugegebenermaßen schwierigen Aufgabe, sowohl die Konjunktur anzukurbeln als auch Haushaltsdisziplin zu wahren.
Bewältigen will er diese Aufgabe unter anderem dadurch, dass er den Banken des Landes einen höheren Beitrag zu seinen Einnahmen aufzwingt.
Dieser Weg dürfte sich einer gewissen Beliebtheit erfreuen, denn Maßnahmen gegen Banken sind oft populär. Sinnvoll sind sie dagegen lange nicht so häufig. Seine Probleme wird Tremonti auf diese Weise gewiss nicht lösen. Keine Frage, in den vergangenen Jahren konnten Italiens Banken kräftige Ertrags- und Gewinnsteigerungen verzeichnen. Doch gerade jetzt ist das nicht mehr der Fall. Die Kreditmärkte stecken in der Krise. Erträge und Gewinne der italienischen Institute steigen seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres bei kaum einem Institut noch so kräftig wie vorher. So verbuchten die zwei größten Banken Unicredit und Intesa Sanpaolo im ersten Quartal massive Gewinneinbrüche. Dabei scheinen Italiens Banken noch mit einem blauen Auge durch die Krise zu kommen, denn unterm Strich steht meist noch ein Plus.
Die Krise an sich ist deshalb nicht zu leugnen. Steuererhöhungen werden mit Sicherheit nicht dazu beitragen, deren Dauer zu verkürzen. Vor allem dürfte es sich gerade in solchen Zeiten kaum verhindern lassen, dass zusätzliche Belastungen an die Kunden weitergegeben werden. Die Kunden der Banken sind aber genau jene Verbraucher, auf die es wesentlich ankommt, um die Konjunktur wiederzubeleben. Tremonti würde also vielleicht mit höheren Steuern für die Banken seine Einnahmen steigern, aber dafür das Wachstum eher bremsen, was wiederum seine Einnahmen verringern dürfte. Theoretisch könnte er, wie zuletzt bei den Konditionen für Hypothekendarlehen geschehen, in den Markt eingreifen. Aber wie oft wird ihm das gelingen? Wie oft können sich die Banken darauf einlassen? Und wie soll das die Konjunktur beleben? Tremonti hat schon richtig erkannt, dass er handeln muss. Was ihm noch fehlt, ist die richtige Idee. Höhere Lasten für Banken sind jedenfalls der falsche Weg.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Giovanni Binetti)