Börsen-Zeitung: Zumwinkels Nebelkerzen
Archivmeldung vom 04.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Junge ist echt cool: Erst ordnet er auf sehr eigenwillige und für die von ihm geführte Deutsche Post eigennützige Weise den Briefmarkt, indem er deren Quasi-Monopol per Mindestlohn de facto festschreibt. Nun schwingt er sich obendrein zum Architekten des Umbaus der Bankenlandschaft auf.
Nein, Klaus Zumwinkel ist nicht nur Deutschlands oberster Postmann und im Nebenjob Aufsichtsratschef der Postbank sowie hyperaktiver Kurspfleger ihrer Aktie. Als Hobby betreibt er auch noch Strukturpolitik: Die Finanzbranche gehöre zu den Sektoren, in denen Deutschland starke Global Player brauche, so der Boss des gelben Riesen in einem "Capital"-Interview.
Ist doch klar: Dass "die Kredite für deutsche Firmen nur noch von ausländischen Großbanken vergeben werden", kann keiner wollen. Da müssen wir alle gemeinsam vorsorgen: Wie der Briefmarkt zur Deutschen Post (und nur zur Deutschen Post) gehört, soll der hiesige Bankenmarkt den deutschen Banken vorbehalten bleiben. Es muss ja nicht immer ein Monopol sein.
In Deutschland gibt es keine Denkverbote. Und prinzipiell gilt auch die Redefreiheit. Doch Zumwinkels lautes Nachdenken über einen Verkauf der 5 Mrd. Euro schweren Beteiligung an der hierzulande führenden Retailbank und seine verklausulierten Aufforderungen zur Abgabe von Angeboten sind mindestens grenzwertig. Evident ist die Kursrelevanz der Äußerungen. Seit ihrem Zwischentief vom November hat die "DPB"-Aktie dank Zumwinkels Rhetorik rund 45% zugelegt, während der Dax gleichzeitig kaum vorankam.
Gewiss darf ein Eigentümer den Preis seiner Vermögenswerte - auf ehrliche Weise - hochreden, auch mit Blick auf einen eventuellen Verkauf. Zumwinkel aber, der das Abstoßen der Beteiligung jahrelang kategorisch ausgeschlossen hatte, spielt mit dem Kapitalmarkt. Er deutet an, dementiert, insinuiert wieder, relativiert, aber bleibt stets im Vagen. Die systematische Unbestimmtheit, die dennoch jedes Mal für Kursavancen gut ist, bewegt sich hart an der Grenze zur Manipulation. Vielleicht denkt er tatsächlich nicht im Traum daran, sich von der Banktochter zu trennen? Wenn der seinerseits zu 31% von der staatlichen KfW kontrollierte Mehrheitseigentümer den Postbank-Anteil zu veräußern gedenkt, mögen die zuständigen Gremien das förmlich beschließen und coram publico kundtun. Zumwinkels Nebelkerzen hingegen werden allmählich lästig. Sie schaden der Aktienkultur.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Bernd Wittkowski)