Neue Westfälische (Bielefeld): Die Mär vom vollen Planeten
Archivmeldung vom 01.11.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittStatistiken zur Erdpopulation sind immer politisch, Diskussionen darüber nicht selten xenophobisch oder gar rassistisch aufgeladen. Als die Weltbevölkerung gestern vermeintlich die Sieben-Milliarden-Marke erreicht hat - andere Institutionen als die UN und die DSW erwarten den Termin erst im März 2012 -, prallten zwei Denkmuster aufeinander, von denen nur eines in Vernunft wurzelt. Die eine Ideologie richtet sich nach dem Werk "Das Bevölkerungsgesetz" des englischen Pfarrers Thomas Robert Malthus, nach dessen These Überbevölkerung unausweichlich ist, weil die Menschheit immer schneller wächst als sich Lebensmittel produzieren lassen.
Anhänger Malthus' plädieren daher bis heute für den Zwang strikter Geburtenkontrollen nach dem Vorbild Chinas - und missachten dabei politische und markttechnische Gründe für die Knappheit in armen Ländern. Dem gegenüber steht die Vorstellung, wonach Rohstoffmangel eher durch die ungleiche Verteilung des Wohlstandes entsteht. Platz ist auf der Welt in der Tat reichlich. Auch wenn sich nach UN-Prognosen im Jahr 2050 weit mehr als neun Milliarden Menschen auf der Erde versammeln sollen. Populationsexplosionen sind vielmehr in vereinzelten Weltregionen zu befürchten: Während in den wohlhabenden Ländern die Geburtenraten fallen, wachsen viele jüngere Entwicklungs- und Schwellenländer rasant weiter. Südlich der Sahara verschaffen Großfamilien gerade Frauen immer noch gesellschaftliches Ansehen und Respekt - aber auch Armut und Perspektivlosigkeit. Unterdessen rechnen Experten der New Yorker Rockefeller-Universität mit 215 Millionen Frauen, die verhüten wollen, jedoch nicht die Mittel oder das Wissen haben. Um das Problem zu lösen, brauche es 6,7 Milliarden Dollar. Peanuts, solange die Amerikaner 6,9 Milliarden nur für Halloween verprassen.
Quelle: Neue Westfälische (Bielefeld) (ots)