Lausitzer Rundschau: zu: Zum Einstand des neuen Fußball-Bundestrainers
Archivmeldung vom 18.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWas für ein Klassenunterschied. Mit drei Toren Differenz wurde das Team der Gäste vom Platz gefegt - und, seien wir ehrlich, es hätten leicht fünf oder sechs sein können. Nein, die Rede ist hier nicht vom 3:0-Erfolg der deutschen Nationalelf am Mittwoch über Schweden.
Sondern von der 1:4-Pleite, die unsere Auswahl am 1.
März in Florenz gegen Italien einstecken musste. Weniger als ein
halbes Jahr ist das her. Jürgen Klinsmanns Konzept galt danach in den
Augen nahezu aller Experten als vollständig gescheitert, der
Boulevard höhnte über "Grinsi-Klinsi" und hinter den Kulissen wurde
offen über eine Ablösung des Wahl-Amerikaners als Bundestrainer
geredet, falls der nächste Test gegen die USA ebenfalls schiefgehen
sollte. Bekanntermaßen kam es anders. Aber Klinsmann-Nachfolger
Joachim Löw sollte - wenn er sich jetzt zu Recht über seinen
gelungenen Einstand als Bundestrainer freut - im Hinterkopf behalten,
wie schnell es im Fußball gehen kann. Und, dass der Weg vom
Totalversager zum Nationalhelden auch in der Gegenrichtung
funktioniert.
Löw wird selbst klar sein, dass der Test gegen eine
verletzungsgeschwächte schwedische B-Mannschaft keine echte
Bewährungsprobe sein konnte. Die wird aber mit Sicherheit noch kommen
- wenn die WM-Euphorie verflogen ist und es erste Rückschläge gibt.
Erst dann wird sich zeigen, ob Löw der würdige Nachfolger Jürgen
Klinsmanns ist. Dessen bemerkenswerteste Leistung bestand ja darin,
dass er an seinem als richtig erkannten Konzept auch in Zeiten
massivsten Widerstands festhielt. Und nicht dem Druck der
Boulevardmedien nachgab, wie es etwa 1998 Berti Vogts getan hatte,
als er den 37-jährigen Lothar Matthäus entgegen der eigenen
Überzeugung mit zur Weltmeisterschaft nach Frankreich nahm.
Klinsmanns Weg, den Jungen eine Chance zu geben, war insofern nicht
nur "kein leichter Weg", wie Xavier Naidoo singt, sondern ein extrem
risikoreicher - denn junge Spieler machen bei aller Begeisterung eben
Fehler, die älteren nicht unterlaufen.
Jahrzehntelang ist der deutsche Fußball, in der Nationalelf ebenso
wie in der Liga, den Weg des geringsten Risikos gegangen und hat sich
im Zweifelsfall für die größere Erfahrung entschieden. Klinsmann hat
das in fast revolutionärer Weise geändert. Doch Historiker wissen:
Der Revolution folgt oft die Konterrevolution. Sie zu verhindern, ist
jetzt Aufgabe von Joachim Löw.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau