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Lausitzer Rundschau: Kurt Beck und der Arbeitslose: Das Lebbe wie's is

Archivmeldung vom 20.12.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Wind hat sich gedreht gegen Henrico F., Deutschlands frechsten Arbeitslosen, wie "Bild" titelte. Das ging schon für "Florida-Rolf" nicht gut aus, jenen Sozialhilfeempfänger, der die Sonne genoss. Damals ließ Gerhard Schröder sogar ein Gesetz ändern.

Unter vier Millionen Arbeitslosen müssen viele "Sozialschmarotzer" sein, meint der Stammtisch. Aber wie viele? Die Zahl von 20 Prozent, die Ex-Wirtschaftsminister Clement nannte, schlug auf den Politiker selbst zurück. Er konnte sie nicht belegen. Der gut organisierte Hartz-IV-Protest wartet nur auf solche Fehler. Denn klar ist, dass die Abzocker nicht den Hauptteil der Arbeitslosigkeit ausmachen. Folglich hat sich die Szene auch sogleich dieses Falles angenommen. Allerdings könnte das ein Fehler gewesen sein, falls sich Henrico F. als jemand entpuppen sollte, der gar nicht arbeiten will. Der arme Kerl ist längst zum Objekt einer Medien- und Politikinszenierung geworden, deren Subjekt er auf dem Wiesbadener Weihnachtsmarkt noch zu sein glaubte, als er SPD-Chef Kurt Beck anpöbelte.
Die Überlebenschancen in dieser Rufverbrennungsmaschine sind für Politiker weit höher als für einfache Menschen. Freilich, es kann es auch anders ausgehen. Bremens Wirtschaftsminister Gloystein goss einem Obdachlosen einst Sekt über den Kopf, was seine letzte Amtshandlung war. Kurt Beck hatte Glück: Er traf mit seinem Satz, F. möge sich waschen und rasieren, dann finde er auch einen Job, den Richtigen. Zufällig. Bei einem gediegenen Langzeitarbeitslosen hätte der Ministerpräsident schlechter ausgesehen.
Im Moment befinden wir uns auf dem Höhepunkt des ungleichen Kampfes. Nun geht es darum, ob der neue Held des Prekariats Becks Jobangebote annimmt. Wenn ja, bleibt "Bild" nur eine Folgestory über seinen ersten Arbeitstag. Wenn nicht, wird gewaltig nach Konsequenzen für alle Arbeitslosen gerufen werden. Das hat schon begonnen.
Beck sollte der Meute da draußen kein weiteres Futter geben. Das Lebbe ist doch wie's is, hat er gesagt. Ja, so ist das Leben. Wenn eine Zufallsbegebenheit erst diese Schlagzeilengröße erreicht hat, geht es nur noch die Story. Das ist kein Umfeld für seriöse Politik. Auch Henrico F. sollte schleunigst vor den Medien die Biege machen, bevor er noch alle Arbeitsloseninitiativen desavouiert und selbst zum Spott von Stefan Raab wird. Er muss jetzt arbeiten gehen. Pech?

Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau

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