Neues Deutschland kommentiert die Proteste gegen Hartz IV
Archivmeldung vom 06.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDass gestern vor dem Bundeswirtschaftsministerium Hartz IV von Teilnehmern des bundesweiten Aktionstages gegen die Arbeitsmarktreform symbolisch zu Grabe getragen wurde, ist verständlich. Vermutlich aber zu früh - wenn nicht gar illusorisch. Denn auch wenn die Einschätzung der Protestierer stimmt, dass das Unternehmen gescheitert ist, haben vermutlich Hunderttausende im Lande noch lange damit zu kämpfen.
Weder die Sozialdemokra-
ten um Gerhard Schröder noch die Christdemokraten um Angela
Merkel haben bislang nur im Entferntesten erkennen lassen, von
diesem asozialen Instrument nach der Wahl am 18. September ihre
Finger lassen zu wollen. Zur Disposition stehen in zehn Tagen wohl
der Kanzler und seine rot-grüne Regierung, aber nicht ihre üblen
Hinterlassenschaften, mit denen sie die Probleme auf dem Arbeitsmarkt lösen wollten und stattdessen noch vergrößerten.
Damit Hartz IV dereinst nicht nur symbolisch zu Grabe getragen
werden kann, bedarf es allerdings im nächsten Bundestag nicht
nur einer starken Opposition gegen die faktische große Koalition
des Sozialabbaus. Vor allem bedarf es des hörbaren Protestes der
Betroffenen auf den Straßen. Der hat zwar nie ganz aufgehört seit
dem Sommer des vergangenen Jahres - aber leiser ist er schon ge-
worden. Der gestrige Protest in fast fünf Dutzend Städten berechtigt zu neuer zarter Hoffnung. Wenn auch nicht zur Gewissheit,
dass aus den Unermüdlichen wieder Unüberhörbare werden.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland