Mindener Tageblatt zum Sorgerechts-Urteil des BVerfGer
Archivmeldung vom 04.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSind unverheiratete Väter Drückeberger, die sich mit einer monatlichen Überweisung aus der Verantwortung stehlen und denen man ein Kind nicht anvertrauen darf? Bisher schienen Gesetzgeber und Gerichte in Deutschland durchaus diese Meinung zu vertreten. Doch damit ist nun Schluss. Die Entscheidung war längst überfällig. Auch Väter, die nicht mit Mutter und Kind zusammenleben - aus welchen Gründen auch immer - , haben grundsätzlich das Recht, sich um ihr Kind zu kümmern. Und das umfasst nun einmal mehr, als die Unterhaltszahlung oder den Zoo-Besuch am Wochenende.
So richtig der Spruch aus Karlsruhe war: Es ist eine Schande, dass es erst einer juristischen Ohrfeige des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bedurfte, damit ledige Väter zu ihrem Recht kommen. Zahlen ja, Mitreden nein - dieser Grundsatz gehörte längst in die Mottenkiste. Moderne Väter wollen mitreden. Der Zuspruch zu den Vätermonaten ist dafür durchaus ein Beleg. Mittlerweile nimmt jeder fünfte Vater eine berufliche Auszeit für sein Kind. Vor drei Jahren waren es nur halb so viele. Die Entscheidung über ein geteiltes Sorgerecht darf daher nicht allein bei der Mutter liegen - das hätte schon lange jedem klar sein müssen. Allzu schnell lässt sich das Vetorecht als Machtinstrument missbrauchen. Das sahen offenbar auch die Karlsruher Richter so: Mütter hätten in nicht unbeträchtlicher Zahl allein deshalb die gemeinsame Sorge verweigert, "weil sie ihr angestammtes Sorgerecht nicht mit dem Vater des Kindes teilen wollten". Jetzt dürfen die Väter mitreden, wenn es um das Leben und die Zukunft ihrer Kinder geht - notfalls auch gegen den Willen der Mutter. Wie das in der Praxis aussieht, muss sich zeigen. Es bleibt zu hoffen, dass Väter und Mütter das gemeinsame Recht zur Sorge auch als Verpflichtung begreifen.
Quelle: Mindener Tageblatt