Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Iran
Archivmeldung vom 15.10.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.10.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittViel ist es nicht, was da an konkreten Details über das Mordkomplott in Washington ans Tageslicht kommt. Ein Mann wurde verhaftet, der einem verdeckten Ermittler Geld gezahlt hatte, damit dieser den saudischen Botschafter töte. Mehr Plan gab es nicht. Dennoch geht Washington in einer Art Eskalationsprozess dazu über, den Iran als Terrorstaat der Weltöffentlichkeit vorzuführen.
Es ist eine künstlich erzeugte mediale Aufregung. Sie lässt darauf schließen, dass es der Regierung Obama um mehr geht. Die iranische Bombe ist im Visier. Dafür gibt es Anlass genug. Nach Informationen westlicher Geheimdienste haben die Iraner ihre Anlagen zur Anreicherung von Uran in eine unterirdische Basis namens Fordow, in der Nähe der Stadt Quom verlegt. Außerdem haben sie Sprengköpfe für Raketen entwickelt, die auch nuklear bestückt werden können. Das war für Experten relativ leicht an Raketen- und Sprengkopfversuchen während der letzten Monate zu erkennen. Nun wird vermutet, dass in den unterirdischen Anlagen von Fordow mit neuen Zentrifugen die Anreicherung auf 20 Prozent getrieben wird. Diese Anreicherungsphase ist der technologisch komplizierteste Teil des Anreicherungsprozesses. Von da auf 80 oder 90 Prozent zu kommen ist dagegen leicht. Diese letzte Phase würde nach Ansicht der Experten drei bis sechs Monate in Anspruch nehmen. Offensichtlich verfügen die Dienste auch über Maulwürfe in den Reihen der Iraner, denn sie haben relativ genaue Angaben über die Zentrifugen. Demnach handelt es sich um neue und stärkere Anlagen, die die Iraner zum Teil selbst oder mit Hilfe von Ingenieuren aus Pakistan und Nordkorea entwickelt haben. Auch bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien ist man über die jüngste Entwicklung des seit Jahren andauernden Nuklearstreits mit dem Iran stark beunruhigt. Vor allem der britische Botschafter Simon Smith schlägt Alarm. Die umfassenden Aktivitäten Teherans auf dem Nuklearsektor entbehrten jeder wirtschaftlichen oder kommerziellen Logik. Man brauche die Atomenergie schlicht nicht - es sei denn für militärische Zwecke. Das gebe Anlass zu großer Sorge. Auch seien die diversen Ultimaten, die die Europäer und Amerikaner dem Iran gestellt hatten, folgenlos verstrichen. In der Tat, hätte man sie umgesetzt und Sanktionen ergriffen, hätte es eine Chance zu einer friedlichen Einigung gegeben. Jetzt fehlt angesichts der nuklearen Fortschritte im Iran die Zeit dafür, so dass eine militärische Option wieder ins Blickfeld rückt. Genau dafür braucht man eine mediale Aufhitzung, eine Eskalation, die nachher jede militärische Operation als gerechtfertigt erscheinen lässt. Die Saudis und andere arabische Staaten wären sofort bereit, logistisch beizustehen. Schließlich sind sie unmittelbar gefährdet. Aber auch andere Staaten liegen im Radius der iranischen Raketen, zum Beispiel Paris, Rom und auch Berlin. Das ist eine neue Dimension des Terrors. Sie lohnt die Aufregung.
Quelle: Westfalen-Blatt (ots)