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Westdeutsche Zeitung: Libyen

Archivmeldung vom 11.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das Missliche am Libyen-Einsatz unter Führung der Nato ist, dass sich Deutschland ihm nicht mehr wird entziehen können. Wenn die EU-Granden eine militärische Hilfsaktion beschließen, sitzen auch Bundeswehrsoldaten im Boot oder im Flieger nach Nordafrika. Denn während Deutschland im UN-Sicherheitsrat mit seiner Enthaltung, wenn auch diplomatisch nicht sehr geschickt, noch auf Distanz zum Militäreinsatz gehen konnte, ist das auf europäischer Ebene kaum zu vermitteln.

Schließlich geht es um humanitäre Hilfe. Und Deutschland gilt weltweit als verlässlicher Partner, wenn die Not am größten ist. Dieser Fall scheint in Libyen für die Zivilbevölkerung nun eingetreten zu sein. Dennoch dürfen der Hilferuf und dessen Folgen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Bundeswehr aller Voraussicht nach auf ein gefährliches, womöglich blutiges Engagement einlässt. In Libyen herrscht Krieg. Und immer dort, wo Soldaten eingreifen, laufen sie Gefahr, trotz Neutralität Opfer zu werden. Auch wenn sie nur Brunnen bohren, Schulen oder Krankenhäuser bauen. Aus diesem Grund gehört zu einer Mission deutscher Soldaten in Libyen auch eine Strategie, die Ziel und Dauer des Einsatzes eindeutig beschreibt. Die Beispiele Frankreichs, der USA und nun der Nato zeigen, wie schwierig Militäroperationen werden können, wenn die Planungszeit zu kurz ist und die Ziele nicht genau definiert worden sind. Wenn es nicht um einen Krieg ginge, der täglich Leid, Elend und Tod bringt, könnten Guido Westerwelle und Angela Merkel sich nun gegenseitig auf die Schulter klopfen. Denn die Zurückhaltung des Außenministers und der Bundeskanzlerin im UN-Sicherheitsrat stellt sich in diesen Tagen als die richtige Einschätzung der Lage heraus. Der Westen hat sich in Libyen auf ein gefährliches Abenteuer mit ungewissem Ausgang eingelassen. Er schlug sich binnen kürzester Zeit auf die Seite der Gegner Gaddafis, den etwa Frankreich zuvor noch nach allen Regeln der diplomatischen Kunst hofiert hatte. Diese Kehrtwende wollte Westerwelle offenbar nicht ohne weiteres vollziehen. Das hat ihm Hohn, Spott, herbe Kritik eingetragen und letztlich zum Sturz als Bundesvorsitzender der FDP beigetragen. In diesem Fall zu unrecht, wie die Entwicklung nun zeigt.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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