Leipziger Volkszeitung zu Ölpreis/Iran-Krise
Archivmeldung vom 21.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs schwillt einem der Kamm, wenn man auf dem Umweg zu einer preiswerten Tankstelle genau das Geld verfährt, was man eigentlich sparen will. Zwar war das immer so. Doch jetzt tut es richtig weh. Klar, die Wut über den Höchststand des Ölpreises, dessen Steigerung sich täglich an den Tankstellen mitverfolgen lässt, nützt wenig. Etwas mehr hilft es, den Fuß vom Gas zu nehmen. Am besten ganz. Doch man will ja mobil sein. Und der Nahverkehr wird nicht unbedingt preiswerter.
Zum Glück beendet die Sonne gerade die
Heizperiode. Wenigstens daran labt sich die Psyche. Doch langfristig
rücken Spritpreise von um die 1,50 Euro näher.
Der Ölmarkt brodelt. Jeder Hüstler in Teheran und Washington treibt
den Preis um ein paar Cent. Der Iran verteuert auf seinem Weg zur
Atommacht das schwarze Gold gezielt, um Gegendruck zu erzeugen. Sein
Kraft strotzender Präsident sitzt auf dem hohen Ross, denn die
Gegnerschaft ist gespalten. Russland hat eigene Interessen. Auch das
energiehungrige China lässt angesichts umfangreicher Ölverträge Milde
mit dem Land walten. Die Krisen in Nigeria, Tschad und Venezuela
sowie die nach der Katrina-Katastrophe entleerten US-Öldepots sorgen
für ein Übriges. Auch ein erst gestern wieder angedrohter Alleingang
der USA im Atomstreit gegen den Iran würde eher preistreibend wirken.
Die Auswirkungen trägt momentan vor allem der Endverbraucher in der
westlichen Welt. Die Politik kann ihm kurzfristig kaum helfen. Hier
zu Lande würde eine geringe Senkung der Ökosteuer schnell verpuffen.
Die Wirtschaft steckt die Preistreiberei noch gut weg. Eine Ölkrise
wie in den 70er Jahren wird es nicht geben. Viele Exportunternehmen
profitieren gar vom hohen Ölpreis. Aber langfristig werden teure
Rohstoffe immer zum Problem, weil sie die Weltwirtschaft lähmen.
Die Welt ist süchtig nach Öl. Der Stoff wird zwar noch nicht knapp.
Doch schon die Möglichkeit eines Engpasses treibt den Preis in die
Höhe. Ein guter Zeitpunkt also, den Entzug zu üben, die
schicksalhafte Abhängigkeit von den divenhaften Erdölstaaten zu
lockern. Mit Einsparungen und mit verlässlicheren Rohstoffen wie
Kohle, Erdgas, Sonne und Wind. Kohlekraftwerken, die kein
Kohlendioxid mehr ausgasen, kommt eine wichtige Rolle zu. Auch dem
Erdgas. Der viel und wegen seines schlechten Stils zu Recht
gescholtene Altkanzler Gerhard Schröder wird als Gasprom-Manager noch
zum Garanten für Versorgungssicherheit.
Letztlich führt sowieso kein Weg am endgültigen Ölentzug vorbei. Man
kann sich jetzt schon mal auf die Situation in einigen Jahrzehnten
vorbereiten, wenn der letzte Tropfen Öl aus der Erde gepumpt ist. Die
Schweden haben bereits begonnen. Bis 2020 wollen sie unabhängig von
allen fossilen Brennstoffen sein. In Deutschland mit seinen behäbigen
und marktbeherrschenden Energiekonzernen wird dies nicht möglich
sein. Hier wird sich der Einzelne nur auf sich selbst verlassen
können, indem er sein Haus dämmt, unnötige Lampen ausschaltet, die
Heizung runterdreht und den Fuß vom Gas nimmt.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung