Weser-Kurier: Äußerungen von Bahnchef Hartmut Mehdorn
Archivmeldung vom 16.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGeisterfahrer auf dem Gleis Von Joerg Helge Wagner Er kann's nicht lassen! Statt zu befrieden hält Bahnchef Hartmut Mehdorn lieber Brandreden. Dabei gerät er so sehr in Fahrt, dass er auch noch seine letzten Verbündeten verliert: Selbst die Verkehrsexperten von Union und FDP wenden sich kopfschüttelnd und verständnislos ab.
Zu Recht, denn Mehdorn zündelt mit Zahlen statt seriös zu argumentieren. Damit gefährdet er alles, was bislang - nach zehn Monaten! - endlich erreicht worden war. Das aber ist labil genug, denn der Tarifvertrag mit der Lokführer-Gewerkschaft GDL ist nicht einmal unterschrieben, eine Urabstimmung darüber steht dann auch noch aus. Dafür hat Mehdorn mit seinem verantwortungslosen Gerede die Kampfbereitschaft der konkurrierenden Gewerkschaften Transnet und GDBA erneut belebt, ja mehr noch: Die solidarisieren sich plötzlich mit der ungeliebten kleinen Schwester. Wäre die Deutsche Bahn schon an der Börse, würden die Anleger Mehdorn auf der nächsten Hauptversammlung kräftig den Marsch blasen. Das tun derweil andere: Politiker aller Couleur, Gewerkschaften und Fahrgastverbände. Letztere haben nicht vergessen, dass Mehdorn seit April 2004 fünfmal die Preise erhöht hat. 2006 bescherte das der Bahn einen Gewinn von etwa 1,4 Milliarden Euro. Die kommenden jährlichen Mehrbelastungen durch die aktuellen Tarifabschlüsse - Mehdorn spricht von "Schaden" - beziffert er selbst auf 200 Millionen Euro. Gefährdet das die Wettbewerbsfähigkeit, wie der Bahnchef behauptet? Es gefährdet wohl eher - wie bei der Post - die Konkurrenten, denn in Niedersachsen etwa sind metronom und Nordwestbahn vertraglich gezwungen, eventuelle Preiserhöhungen mitzumachen. Muss Mehdorn nun Stellen abbauen, ins Ausland verlagern, wie er droht? Das passt kaum zu der seit Herbst laufenden Sonderaktion der Bahn, mit der sie wegen des zunehmenden Verkehrs 1000 neue Lokführer sucht. Es wird Zeit, diesen Geisterfahrer, der zunehmend persönlich statt professionell agiert, vom Gleis zu nehmen.
Quelle: Weser-Kurier