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Berliner Morgenpost: Eine Rechnung, die keiner bezahlen kann

Archivmeldung vom 20.06.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Drei Monate vor der Bundestagswahl hat der Bundestag noch einmal ein Mammutprogramm erledigt: Zunächst wurden am Donnerstag bis tief in die Nacht wichtige Beschlüsse zur Patientenverfügung, zu Internetsperren, zu Verkehrsprojekten oder Managergehältern getroffen, gestern nun standen neben der Kurzarbeit auch die Rentengarantie und finanzielle Entlastungen für die Bundesbürger auf dem Programm.

So werden die Steuerzahler im nächsten Jahr um rund 9,5 Milliarden Euro entlastet, weil die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung künftig besser steuerlich absetzbar sind. Hinzu kommen befristete Entlastungen für Unternehmen in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro - beispielsweise durch die gestern beschlossene Anhebung der Zinsschranke. Das alles sind gute und wichtige Beschlüsse, die gerade in der Wirtschaftskrise Steuerzahlern und Unternehmen helfen können. Und doch: Der Blick in die kommenden Jahre ist alles andere als rosig. Denn Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ließ gestern von seinem Staatssekretär seinen Nachtragshaushalt im Bundestag einbringen. Allein in diesem Jahr nimmt die Bundesregierung demnach 47,6 Milliarden Euro an neuen Schulden auf. Das heißt Rekordverschuldung. Bislang hatte der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) den Rekord gehalten, als er im Jahr 1996 knapp über 40 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnahm. Jetzt kommt es noch schlimmer, im nächsten Jahr wird es dann aber geradezu desaströs. 2010 muss Steinbrück nämlich knapp 90 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen. Eine bis dato unvorstellbar hohe Summe. Und was für ein schwarzer Tag für die junge Generation, die diese vielen, vielen Milliarden irgendwann einmal zurückzahlen muss. Wie, das kann derzeit keiner seriös sagen. Wie der Bund stecken auch die Länder in Problemen. Morgen versucht die große Koalition in Schleswig-Holstein, sich über Schuldenbremse und Einsparungen zu verständigen - ob das bis aufs Blut zerstrittene Regierungsbündnis das schafft, steht in den Sternen. In Berlin zieht sich der Senat am Montag zu einer Klausurtagung zurück, um sich auf einen Haushaltsplan zu einigen. Angesichts der Forderungen aus den einzelnen Senatsressorts ist zu befürchten, dass auch der Berliner Senat vor Einsparungen zurückzucken und stattdessen ebenfalls mehr Schulden aufnehmen wird. Wiederum in Milliardenhöhe. Sicherlich ist es richtig, der Krise nicht hinterher zu sparen. Aber genauso gilt auch, dass man sich in der Krise nicht alles leisten kann. Der Bund muss deshalb alle Ausgaben überprüfen und, wenn nötig, geplante Projekte auch streichen oder verschieben. Das Gleiche gilt für Berlin, das sich jetzt schon wieder eine zentrale Landesbibliothek in Tempelhof oder eine neue Kunsthalle am Humboldthafen bauen will. Es ist wie in jedem privaten Haushalt: Wenn kein Geld verdient wird, dann kann man sich auch nicht jeden Wunsch erfüllen. Die jungen Menschen werden es später danken.

Quelle: Berliner Morgenpost

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