Neue OZ: Traurige Tradition
Archivmeldung vom 23.10.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuch ganz entsetzliche Bräuche haben ihre traurige Tradition. Musik und Folter stehen schon so lange in einem unheilvollen Zusammenhang, dass es schier unvorstellbar ist, dieser Kombination noch in einer zivilen Gesellschaft wie der amerikanischen zu begegnen.
Übelste Diktaturen haben zu Musik gefoltert. Da muss es den Gefangenen in Guantánamo wie blanker Hohn vorgekommen sein, ausgerechnet in einer Demokratie dem gleichen Verfahren ausgesetzt worden zu sein.
Der Protest der betroffenen Künstler ist mehr als verständlich. Sicher nie hätten sie sich träumen lassen, dass ihre Hits, die Millionen beglücken sollten, nun vermutlich Häftlingen lebenslang zum Brechmittel geworden sind. Den Folterern ist eine solche Pervertierung natürlich gleichgültig. Der Zweck heiligt ihnen die Mittel.
Deshalb ist zwar weitaus harmloser, aber auch nicht unproblematisch, was seit Jahren im Hamburger Hauptbahnhof praktiziert wird: Musik von Mozart, Händel oder Smetana beschallt laut und satt die Bahnhofs-Vorplatte, dort, wo sich die Drogenszene allzu gern aufhält. Mit dem Ziel, diese zu vergraulen, weil Junkies angeblich klassische Musik nicht ausstehen können. Dies ist zwar eher ein lustiger, aber eben auch manipulativer Missbrauch von Musik.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung