WAZ: Angst vor der globalen Energiekrise
Archivmeldung vom 07.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWann das Öl endet? Dies ist nicht wirklich die entscheidende Frage. Der Preisschock, den wir in diesen Tagen erleben, führt uns in aller Härte vor Augen: Die wichtigste Frage, die unser von Energie abhängiges Leben prägt, ist die: Wann geht das billige Öl zu Ende? Die nackte Angst geht um. Der Hurrikan Katrina hat gezeigt, mit welchem Zickzack-Kurs Ölmärkte auf Nachrichten und Naturereignisse reagieren.
Panik ist eine gute Beschreibung für das,
was die zum Wachstum verpflichteten Industrienationen in diesen Tagen
verspüren. Panik davor, dass der steigende Preis pro Barrel einer
Volkswirtschaft den Saft abdreht. Katrina und der Ölpreisschock haben
auch gezeigt, wie weit die Welt noch davon entfernt ist, den Weg weg
vom Öl zu beschreiten. British Petroleum hat bereits vor Jahren sein
Firmenimage von „BP” auf „beyond petrol” geändert, was übersetzt
„jenseits vom Öl” bedeutet. Der Konzern baut nun wie auch Shell in
großem Ausmaß Solarzellen. Doch gedanklich haben sich weder Industrie
noch Politik noch die Verbraucher wirklich damit beschäftigt, dass
sich das fossile Zeitalter einmal dem Ende zuneigen könnte. Die
Energiekrise, und man kann sie mit Fug und Recht so nennen, mahnt
dazu, endlich die Wende in der Energiepolitik anzugehen. Wenn nun Öl
und Gas teurer werden, dann heißt das doch gleichzeitig, dass die
Alternativen wettbewerbsfähiger werden. Weg vom Öl bedeutet für
Verbraucher ganz konkret, nachzurechnen, wann sich eine
Holzpellet-Heizung im Keller rechnet. Weg vom Öl heißt, Liter zu
sparen, indem man die Hauswand dämmt. Und weg vom Öl heißt auch, bei
der Wahl des Autos nicht Hubraum, sondern Verbrauch als Kaufkriterium
voranzustellen. Die politischen Parteien haben es nicht vermocht, die
Weichen für eine nachhaltige Energiepolitik zu stellen. Weder die
Grünen, die im Hauruck-Verfahren 100 Prozent erneuerbare Energien
wollen. Weder die CDU, die von der Renaissance der Atomkraft spricht,
obwohl noch immer kein Ort für die Endlagerung des radioaktiven Mülls
gefunden ist. Was wir in diesen Tagen lernen, ist dies: Das billige
Öl gibt es nicht mehr. Wir werden lernen müssen, Energie effektiver
zu nutzen. Und wir werden hoffen müssen, dass China nicht das
nachholen will, was in der Industrialisierung selbstverständlich war.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung