Westfalenpost: Politische Ohnmacht G8-Gipfel: Erklärung zum Nahost-Konflikt
Archivmeldung vom 17.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm St. Petersburger Konstantin-Palast war die Freundlichkeit nur gespielt. Der G8-Gipfel der Mächtigen ist längst von seiner vorgegebenen Linie abgewichen. Die Raketeneinschläge in Haifa, die israelischen Bomben im Libanon bestimmen das babylonische Sprachgewirr und Gezänk in der russsichen Metropole.
Und die
vorbereitete Erklärung zum Nahost-Konflikt, der längst zum Krieg
mutierte, wird das Gefühl der Ohnmacht nicht entkräften. Zu
unterschiedlich sind die Interessen der Parteien. Für US-Präsident
Bush sind die Hisbollah und Syrien der Grund allen Übels, während
Gastgeber Putin als auch Frankreichs Präsident Chirac Israel zur
Mäßigung seiner Maßnahmen aufrufen.
Gerade jetzt wäre deshalb ein Schulterschluss von Bush und Putin
nötig, um den Irrsinn zu stoppen. Gefährlich nahe reicht die
Eskalation bereits an die Grenze Syriens, dem finanziellen
Unterstützer der im Süden Libanons aktiven Milizen der Hisbollah. Der
gegenwärtige Zustand erinnert schon an Szenen aus dem
Jom-Kippur-Krieg. Doch die Mächtigen der Welt verstecken sich hinter
fadenscheinigen Erklärungen, wollen ihren regionalen Einfluss nicht
verlieren, weil es auch um handfeste wirtschaftliche Interessen geht.
Die Zeiten eines einzigen Weltpolizisten sind vorbei, sie haben auch
nicht dazu beigetragen, die Konflikte zu lösen. Und welche Rolle die
Vereinten Nationen zuletzt spielten, haben wir beim Irak-Krieg
schmerzlich registriert. Im Nahost-Konflikt ist bislang vom
Sicherheitsrat kein Ton zu hören. Ob die USA das verhindert haben,
spielt auch nicht die ganz große Rolle, weil die Ausführungen von
Maßnahmen meist in Formalismen stecken geblieben sind oder an einem
Veto scheiterten.
So gesehen muss man die Erwartungen an G8-Gipfel herunter schrauben.
Schnelle Lösungen scheinen nicht möglich. Vonnöten sind die
aufwendigen Treffs aber aus einem anderen Grund. Der persönliche
Kontakt zwischen den Topleuten dieser Welt verhindert vielleicht noch
Schlimmeres.
Das kann kein Trost sein für den aktuellen Stand im Nahen Osten.
Alles ist möglich: Der Kriegszustand lässt den Erdölpreis klettern,
die ökonomische Lage des Westens kann in Schieflage geraten und auch
das weltweite Wirtschaftswachstum stagniert. Wen schon nicht die
menschlichen Tragödien, die Toten Signal genug sind, um ernsthaft und
gemeinsam einzugreifen, sollten andere Fakten zur Einsicht führen.
Das ist schrecklich und ernüchternd zugleich.
Quelle: Pressemitteilung Westfalenpost