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WAZ: Ringen um Sparhaushalt: Nicht für Brüssel

Archivmeldung vom 24.10.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.10.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Dass man nicht mehr ausgeben darf, als man einnimmt, versucht ein Heer zunehmend frustrierter Schuldenberater einer zunehmend frustrierenden Zahl von Privatpleitiers zu vermitteln. Warum sollten es ihre Repräsentanten in Berlin da besser machen? Sehenden Auges, zielstrebig geradezu marschiert Deutschland in die Schuldenfalle. Mit dem Argument, man dürfe sich schließlich auch nicht kaputtsparen. Also pumpt sich Deutschland eben kaputt.

Wem das übertrieben scheint, der blicke in Deutschlands Testament: 1,4 Billionen Schulden vererbt der Staat, also wir, unseren Nachkommen. Bis jetzt. Dabei überfordert uns schon das bisschen, das wir selbst zurückzahlen müssen. 40 Milliarden Zinsen kosten dieses Jahr die Altschulden. Das sind Investitionen in die Vergangenheit, wie die 80 Milliarden Rentenzuschüsse. Für Investitionen in die Zukunft haben wir noch 22 Milliarden übrig – von zehn Euro unserer Steuergelder ist das nicht mal einer.

Die verquere Kaputtspar-Logik geht so: Gerade weil der Staat nur noch so wenig für seine eigentlichen Aufgaben hat, darf er in Krisenzeiten nicht sparen. Jeder weiß, dass dadurch alles noch schlimmer wird, aber erst im nächsten Jahr. Politiker haben noch immer einen Grund gefunden, warum dies der falsche Zeitpunkt zum Sparen ist.

Das schreiend Ungerechte daran ist, dass die Leidtragenden nicht schreien können. Weil sie zum Großteil noch nicht geboren sind. Für unsere Kinder und deren Kinder müssen wir sparen, nicht für eine willkürlich gezogene Defizitgrenze aus Brüssel. Kluge Köpfe aus dem in der Politik verfemten Stand der Professoren fordern daher die Radikallösung: Der Politik das Schuldenmachen aus der Hand zu nehmen. Unabhängige Experten könnten festlegen, wie hoch die Neuverschuldung in einem Jahr sein darf. Die Regierung muss dann sehen, was sie mit dem Geld anfangen will.

Dass Politiker doch verantwortlich mit unserem Geld umgehen können, soll nun ausgerechnet eine große Koalition zeigen. Sie wird es nicht schaffen, wenn sie der Versuchung breitestmöglicher Konsenspolitik erliegt. Steinbrück und Koch geben sich alle Mühe, dem zu widerstehen. Doch ist es nicht an ihnen, sondern an Merkel und Müntefering, ein Sparpaket gegen die anderen Ressorts durchzusetzen. Mit einer Ausnahme bitte: Forschung und Entwicklung.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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