Lausitzer Rundschau: US-Krankenversicherung droht erneut das Scheitern
Archivmeldung vom 18.08.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFür Bundesbürger, die beim Thema Gesundheitsreform nur noch müde lächeln, ist es schwer vorstellbar, mit welcher Leidenschaft und oft auch Verbitterung in den USA jetzt eine politische Schlacht ausgetragen wird, in der es vordergründig um genau eine solche Neuausrichtung des Gesundheitswesens geht.
Tatsächlich allerdings verbirgt sich hinter dem Ringen ein gesellschaftspolitischer Grundsatzstreit, bei dem Barack Obama jetzt erstmals innenpolitisch richtig gefordert ist. Die Koalition aus den Benachteiligten der US-Bürger und jenen, die sich ganz bewusst mit ihm für einen Neuanfang entschieden, dieses Bündnis, das ihm eine klare Mehrheit und den Einzug ins Weiße Haus bescherte, droht zu zerbrechen. Und die oppositionellen Republikaner versuchen, mit der Angst vor Veränderungen ihre alte Vormachtstellung wieder zu aktivieren. Im Kern geht es dabei schlicht darum, ob sich Amerika mit etwa 40 Millionen Menschen abfindet, die schutz- und versicherungslos Krankheitsfällen ausgesetzt sind. Wer wie Obama will, dass die Solidargemeinschaft auch diese Bürger umfasst, muss das Geld dafür auftreiben. Der Präsident verspricht, durch Zusatzsteuern für Superreiche und effektiveren Ressourceneinsatz die Mittel hereinzubekommen. Die Republikaner malen dagegen das Bild einer Staatsmedizin an die Wand, bei der die bisher gut Versicherten nur verlieren können. Landesweit kommt es zur erregten, teilweise gewalttätig ausgetragenen Konfrontationen. Obama zögert, sich voll auf diese Auseinandersetzung einzulassen. Obama will eine Präsidentschaft ohne verbitterte Schlachten, eine Regierung der parteiübergreifenden Lösungen. So hat er jetzt auch Verhandlungsbereitschaft signalisiert, was die Einführung einer allgemeinen gesetzlichen Krankenkasse analog zu unserer alten AOK betrifft. Aber mit solch einer Politik wird er auf Dauer nicht durchkommen und genau jene Wählerkoalition gefährden, die er für seine Wiederwahl braucht. Ein lahmer Kompromiss wäre das Signal vom Ende eines Neuanfangs und würde den Mann vom Hoffnungsträger zum schlichten Machtverwalter degradieren. Dies hätte weit über die USA hinaus Folgen. Europa kann sich nur wünschen, dass der Mann Farbe bekennt.
Quelle: Lausitzer Rundschau