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Westdeutsche Zeitung: Hilfe per Zwang funktioniert nicht

Archivmeldung vom 14.05.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Zwei entsetzliche Naturkatastrophen, zwei Regierungen, zwei völlig unterschiedliche Reaktionen. Während in China das Krisenmanagement weitgehend funktioniert und westliche Hilfsorganisationen willkommen geheißen werden, sind in Birma Hunderttausende vom Tode bedroht.

Auch erste Seuchenmeldungen ändern nichts an der zynischen Haltung der Junta. Die Zeit rennt den verhinderten Helfern davon, die Forderungen nach einem Eingreifen des Weltsicherheitsrats werden lauter. Die Junta soll gezwungen werden, die Helfer ins Land zu lassen. Emotional sind solche Forderungen verständlich, rational betrachtet sind sie Unsinn. Es ist schwer erträglich, dem entsetzlichen Leid in Birma tatenlos zusehen zu müssen, aber es ändert nichts an den Fakten: Der Westen kann Hilfe anbieten, er kann dem Regime die benötigten Hilfsgüter übergeben, er kann das Leid mit einer Luftbrücke lindern - aber Hilfe mit Gewalt durchsetzen kann er nicht. Völkerrechtlich ließe sich ein militärisches Eingreifen zwar durchaus begründen, doch dem müsste ein klares Votum des Weltsicherheitsrates vorausgehen. Es gibt mindestens zwei gute Gründe, dieses Gremium besser nicht einzuschalten. Erstens benötigt der Sicherheitsrat für wirkungsvolle Beschlüsse in erster Linie das, was die Menschen in Birma nicht mehr haben: Zeit. Zweitens wird auch die Erfahrung eigenen Leids China kaum dazu bewegen, eine Resolution gegen die Junta mitzutragen. Der Streit um humanitäre Hilfe würde vollends zu einem politischen Konflikt und damit mit Machtinteressen aufgeladen, die eine Verbesserung der Situation auf absehbare Zeit unmöglich machen würden. Es ist sicher verständlich, der Junta besser heute als morgen ihr Ende zu wünschen. Doch im Angesicht einer Jahrhundert-Naturkatastrophe wäre es ein für hunderttausende Menschen tödlicher Fehler, den offenen Konflikt mit der Regierung gerade jetzt zu suchen. Die internationale Gemeinschaft ist an den Grenzen des Machbaren angelangt. Die großen Hilfsorganisationen aber sollten eine Lehre aus dem Desaster ziehen: Wer in diesen Tagen auf einheimische Fachleute und Helfer in Birma zurückgreifen kann, hilft am effektivsten. Wer also global helfen will, muss vor allem global vernetzt sein.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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