Börsen-Zeitung: Das Menetekel, Kommentar zur Privatbank Sal. Oppenheim, die ihren Sitz nach Luxemburg verlegt
Archivmeldung vom 31.03.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGibt es Krieg in Deutschland? Oder warum wandert eine vor 218 Jahren in Bonn gegründete Privatbank aus, wenn es angeblich nicht um die Steuern geht? Sal. Oppenheim verlegt den Hauptsitz von Köln nach Luxemburg! Wäre das nicht am Donnerstagabend publik geworden, sondern drei Tage später, hätten viele auf einen Aprilscherz getippt. Es ist aber keiner.
Fehlte nur, dass sie den Dom
mitnehmen. Aber auch ohne das schlägt die Nachricht ein wie eine
Bombe. Sie ließe sich auch nicht mit dem Argument relativieren, so
ein Umzug sei doch gelebte Freiheit für Menschen und Kapital in
Europa. So weit ist es mit dem real existierenden Binnenmarkt denn
doch noch nicht her.
Die Verbindung von Oppenheim ins Großherzogtum freilich ist,
abgesehen von einer Unterbrechung, drei Mal so alt wie die EU. 1856
gehörte Sal. Oppenheim zu den Gründern der ersten luxemburgischen
Aktienbank, der Banque Internationale à Luxembourg. Der 2005
verstorbene Alfred Freiherr von Oppenheim reklamierte für sein Haus
sogar einmal eine Mitwirkung an der Etablierung Luxemburgs in der
Finanzwelt. Wer genau hingehört hat, konnte schon vor Jahren ahnen,
dass etwas im Busch ist. Die weitere Entwicklung des Standorts
Luxemburg im Oppenheim-Konzern sehe man "sehr optimistisch", hieß es.
Manager der heute größten Privatbank Europas wiesen auf gemeinsame
Werte wie Solidität und Kontinuität oder die beiderseitige
erfolgreiche Positionierung im Wettbewerb mit den Großen hin,
konstatierten von daher eine "Wesensverwandtheit" mit Luxemburg.
Dass die Steuern jedenfalls keine entscheidende Rolle spielen, ist glaubhaft. Oppenheim hat schon 2003 wesentliche Beteiligungen in einer Luxemburger Holding gebündelt und dafür einen extrem steuersparenden Weg gefunden - noch heute schickt man in Köln täglich Dankgebete zum Himmel. Nein, entscheidend sind die Innovationskraft des Finanzplatzes Luxemburg und die Flexibilität seiner Regulierer. Im Vergleich dazu kommt die Modernisierung hierzulande regelmäßig zu spät, und Reformen werden allzu halbherzig angepackt, wie aktuelle Beispiele - Investmentgesetz, Reits, Abgeltungssteuer - wieder belegen. Insofern ist der Schritt von Oppenheim ein Menetekel für den Finanzplatz Deutschland. Wer geht als Nächster? Wenn die Politik nicht schleunigst aufwacht, kann bald der Letzte das Licht am Standort "D" ausmachen.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung